Nigerianer Victor Atoé aus Abschiebehaft entlassen

ASYL Nach einem zehntägigen Hungerstreik droht dem 55-Jährigen weiterhin die Abschiebung

Der 55-jährige Nigerianer Victor Atoé ist in der vergangenen Woche aus der Abschiebehaft in Köpenick entlassen worden. Anfang September hatte er dort einen Hungerstreik begonnen, um auf seine drohende Abschiebung aufmerksam zu machen (taz berichtete). Diesen hatte er nach zehn Tagen wegen eines Schwächeanfalls abgebrochen. Die Entlassung sei der Ausländerbehörde gerichtlich nahegelegt worden, sagte Sören Schneider von der Initiative gegen Abschiebehaft am Dienstag der taz. Ein möglicher Grund sei, dass die nigerianische Botschaft bei einem ersten Termin die zur Abschiebung nötigen Dokumente nicht ausgehändigt hatte und deshalb auch unklar sei, ob sie dies in Zukunft tun werde, erklärte Schneider. Für Mitte Oktober sei erneut eine Botschaftsanhörung geplant. „Es ist weiterhin unklar, wie es weitergeht“, so Schneider. Auch eine Abschiebung sei immer noch möglich.

Seit 1991 kämpft Atoé um eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Nachdem sein Asylantrag in Schleswig-Holstein abgelehnt worden war, wurde er 1996 Opfer eines Brandanschlags auf das Lübecker Flüchtlingsheim in der Hafenstraße. Zehn Menschen kamen dabei ums Leben, Atoé konnte sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten, wurde jedoch trotz schwerer Verletzungen als einziger der Überlebenden abgeschoben. 1999 flüchtete er erneut nach Deutschland. Wieder scheiterte sein Asylantrag. Vor etwa drei Monaten wurde Atoé schließlich in Berlin aufgegriffen und in Abschiebegewahrsam genommen. Nach der Entlassung befinde sich Atoé nun wieder in Schleswig-Holstein, sagte Schneider.

Posttraumatische Störung

Während Atoés Hungerstreiks hatte seine Anwältin Katja Ponert der taz gesagt, der 55-Jährige leide noch immer unter posttraumatischen Belastungsstörungen wegen des Anschlags. Auch Schneider hatte deshalb eine Entlassung Atoés aus der Abschiebehaft gefordert. Medizinisch nachgewiesen wurde das Trauma bisher nicht. Bereits geplante Termine zur Untersuchung im Abschiebegewahrsam würden wegen der Entlassung nun nicht durchgeführt, sagte Schneider, der vor drei Wochen als humanitäre Geste gefordert hatte, Atoé nach 20 Jahren in Deutschland aufzunehmen. Die für humanitäre Entscheidungen zuständige Härtefallkommission in Schleswig-Holstein lehnte jedoch bereits vor Jahren einen Antrag Atoés ab.

Christian Wyrembek