Weniger Gift in Obst und Gemüse

Gesundheitsgefährdende Pestizide sollen nicht mehr zugelassen werden, meint der Umweltausschuss des Europaparlaments. Der Agrarwirtschaft passen die Pläne nicht

BERLIN taz ■ Weintrauben, Paprika, Tomaten, Raps und Mais: Sie alle betrifft die Neuregelung der EU für Pflanzenschutzmittel. Am Mittwoch stimmte der Umweltausschuss des EU-Parlaments über den Vorschlag der EU-Kommission ab. Diese will Pestizide in der Landwirtschaft verbieten, die gesundheitsgefährdend sind, also etwa Krebs verursachen oder Fruchtbarkeit und Erbgut beeinträchtigen. Das eindeutige Ergebnis: Für eine Verschärfung der Vorschriften stimmten 44 Mitglieder, 11 stimmten dagegen.

Dem Vorschlag nach sollen Pestizide oder auch einzelne Substanzen eines Mittels vom Markt genommen werden müssen, wenn es ungefährlichere Alternativen gibt. Bislang werden die Pflanzenschutzmittel zugelassen – wenn die Aufnahme des Gifts verhindert werden kann, also beispielsweise der Landwirt beim Ausbringen eine Schutzmaske trägt. Die deutsche Grüne im Europaparlament, Hiltrud Breyer, sprach von einem „Meilenstein für den Gesundheitsschutz“.

Das sehen freilich nicht alle so. Die geplante Neuregelung stößt auf Widerstand der Industrie: „Nicht mehr das tatsächliche Risiko soll für eine Zulassung entscheidend sein, sondern die theoretische Gefahr, die vom konzentrierten Wirkstoff ausgeht“, teilt Hans Theo Jachmann, Präsident des Industrieverbandes Agrar, per Pressemitteilung mit. „Viele Schädlinge und Krankheiten, vor allem bei Obst und Gemüse, können dann nicht mehr behandelt werden.“

Gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband und dem Deutschen Raiffeisenverband, dem Bundesverband des Großhandels mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und dem Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft warnt Jachmann vor einer „Überregulierung“. Die geplante Regelung sei eine „Innovationsbremse“.

Davon könne keine Rede sein, heißt es bei den Grünen. „Die Industrie zeichnet da ein Schreckensszenario.“ Es gehe schließlich immer nur um einzelne Wirkstoffe, die im Fall des Falles ausgetauscht werden müssten. Das biete gerade „Anreiz zur Innovation und zur Entwicklung unbedenklicher Stoffe“.

Abgelehnt hat der Umweltausschuss den Vorschlag der Kommission, Europa bei der Pestizidregelung in drei Zonen einzuteilen. Mittel, die in einer Zone zugelassen wären, müssten dann von allen darin befindlichen Staaten erlaubt sein. Der Industrie wäre das nicht weit genug gegangen. Die Mehrheit des Umweltausschusses hingegen verlangt, dass es Mitgliedsstaaten wie bisher zugestanden werden müsse, ein Produkt, das etwa in Italien erlaubt ist, für Deutschland nicht zu verbieten.

Im Oktober soll die erste Lesung im Europaparlament erfolgen. Die neue Richtlinie wird voraussichtlich frühestens im nächsten Jahr kommen.

CHRISTINE ZEINER