Krise trifft Rüstung

MILITÄR Die Finanzkrise zwingt die Nato-Staaten zur Kürzung ihrer Wehretats. Militärexperten fürchten um Bereitschaft für künftige Friedensmissionen

BERLIN taz | Die Finanz- und Schuldenkrise schlägt auf die Militärhaushalte der Nato-Staaten durch. Nachdem der Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments jüngst davor warnte, dass der gekürzte Verteidigungshaushalt sowohl die Einsatzfähigkeit der britischen Truppen als auch Arbeitsplätze gefährde, kündigte Europas größter Rüstungskonzern BAE Systems am Dienstag prompt an, 3.000 Arbeitsplätze in Großbritannien zu streichen. Grund: Kürzungen in den Verteidigungsbudgets von Abnehmerstaaten.

Gemeint waren nicht nur die Europäer, sondern auch die Vereinigten Staaten. Hier müssen über zehn Jahre verteilt mindestens 350 Milliarden Dollar an Militärausgaben gestrichen werden. Bis zum Jahr 2010 war der US-Verteidigungshaushalt auf den Rekordwert von rund 700 Milliarden Dollar angeschwollen. Das ist das Sechsfache des chinesischen, des zweitgrößten Rüstungshaushalts der Welt.

US-Politiker haben wegen der allgemeinen Haushaltsmisere die EU schon mehrfach aufgefordert, ihre militärischen Kapazitäten zu bündeln. Andernfalls, so erklärte etwa der scheidende US-Verteidigungsminister Robert Gates, drohe der Nato „kollektive Irrelevanz“. Auch Nato-kritische Militärexperten bezeichnen eine engere Verzahnung der europäischen Militär- und Rüstungspolitik als „Imperativ“ – nicht nur zum Führen, sondern auch zum Verhindern von Kriegen.

Welche Folgen solch eine engere Abstimmung für Deutschland haben könnte, kündigte zuletzt der Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt (CSU) an. Auf dem Treffen der EU-Verteidigungsminister sagte Schmidt: Wenn integrierte multinationale Einheiten rasch in den Einsatz geschickt werden sollten, sei das deutsche System mit dem Parlamentsvorbehalt möglicherweise nicht mehr ausreichend.

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