Streit über die Tonne geht weiter

ABFALL Das Umweltbundesamt stellt die Ergebnisse eines Planspiels zur Wertstofftonne vor. Private und kommunale Abfallbetreiber halten eisern an ihren Positionen fest

Die Frage, wer von der Tonne finanziell profitiert, dominiert die Auseinandersetzung

VON HEIKE HOLDINGHAUSEN

BERLIN taz | Weniger wertvolle Rohstoffe sollen im Restmüll landen und verbrannt werden, dafür wird mehr recycelt: Das Ziel des neuen Gesetzes für die Kreislaufwirtschaft ist klar – aber das war’s auch schon. Zwar sollen Gesetz und eventuell nachfolgende Verordnungen nach einem jahrelangen, zähen Streit in den nächsten Monaten verabschiedet werden, aber alle Beteiligten – große und mittelständische Entsorgungsunternehmen sowie die Kommunen – rücken bisher keinen Zentimeter von ihren Positionen ab.

Welche Abfälle sollen zusammen gesammelt werden? Welche getrennt? Und wer darf welchen Abfall abholen? Das Umweltbundesamt (UBA) hat versucht, die verschiedenen Positionen in einem Planspiel zu veranschaulichen. Mehrere Monate lang wurden Modelle erstellt, nach denen jeweils unterschiedliche Abfälle zusammen oder getrennt erfasst wurden. Zudem wurden zwei verschiedene Konzepte erstellt, eines, in dem überwiegend die öffentliche Hand die Verantwortung für das Müllsammeln trägt, und eines, dass diese bei der Privatwirtschaft sieht.

Die Ergebnisse wurden vergangene Woche in Dessau veröffentlicht. Das UBA hält demnach eine Wertstofftonne für sinnvoll, in der nicht nur Verpackungen, sondern jegliche Kunststoffe oder Metalle landen – also nicht nur der Joghurtbecher samt Deckel, sondern auch Kugelschreiber, Eimer oder Spielzeug. Auch noch Elektroschrott wie Mobiltelefone oder Föhne in die „orangen Tonne“ zu werfen hält das Amt hingegen nicht für sinnvoll: Zum einen enthielten sie Schwermetalle oder Flammschutzmittel, die in die Umwelt gelangen oder die anderen Abfälle verseuchen könnten. Zum anderen würden sie selbst, einmal zwischen alte Dosen, Folien oder Eimer gequetscht, nicht mehr hochwertig recycelt.

Genau die künftige Erfassung von Elektroschrott aber ist einer der spannenden ökologischen und ökonomischen Fragen, denn jedes Handy oder Laptop enthält wertvolle und knappe Metalle wie Seltene Erde oder Platin. Zwar stecken in jedem Gerät nur winzige Mengen davon, zusammen genommen aber werden auch die durchaus relevant.

Zurzeit werden in Deutschland etwa 540.000 von 1,8 Millionen Tonnen Elektroschrott eingesammelt. Viele der nicht erfassten Geräte wandern in die graue Restmülltonne und werden verbrannt oder illegal in arme Länder Afrikas oder Asiens verschifft, wo sie unter gesundheits- und umweltschädlichen Bedingungen entsorgt werden. Oder sie vergammeln in heimischen Schubladen. Trotzdem wird die Frage, wie künftig mehr Rohstoffe aus dem Abfall zurückgewonnen werden können, weiter von der Auseinandersetzung darüber dominiert, wer finanziell davon profitiert: private Wirtschaft oder Kommunen.

Die Reaktionen beim UBA-Planspiel waren bezeichnend: Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE), Peter Kurth, schwärmte, die Modellrechnungen hätten gezeigt, dass „die Wertstofftonne in privater Zuständigkeit die größte ökologische Lenkungswirkung und die höchste ökonomische Effizienz erreichen kann“. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hingegen kritisierte, das UBA habe „die Gelegenheit vertan“, ein bürgerfreundliches Wertstofferfassungssystem zu entwickeln.