Brüderliche Hilfe

LOBBYISMUS Wie Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ein Landärztegesetz vorstellt, das rein zufällig den Interessen seines Bruders, des Mediziners Thomas Bahr, nützt

BERLIN taz | Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) steht im Verdacht, bei der Formulierung des neuen Landärztegesetzes nicht ganz uneigennützig vorgegangen zu sein. Sein älterer Bruder Thomas Bahr, Mediziner und ehemaliger Büroleiter des verstorbenen FDP-Politikers Jürgen Möllemann, profitiert von einer Regelung, die der Bundestag am Freitag in erster Lesung beriet.

Danach werden künftig Ärzte in ländlichen Regionen mit Medizinermangel für Behandlungen mehr verdienen können. Zudem sollen regionale Kooperationen von Medizinern in großen Praxisnetzen finanziell gefördert werden. Letzteres sieht ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP zum Landärztegesetz vor, der der taz vorliegt.

Zufällig betreibt der Bruder von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, der Mediziner Thomas Bahr, in Bayern als Geschäftsführer ein solches Praxisnetz namens Unternehmen Gesundheit Oberpfalz Mitte (Ugom). Als Lobbyist in eigener Sache erhielt er im Sommer 2010 eine Audienz beim damaligen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), dem Vorgänger von Daniel Bahr. Doch damals fiel die Unterstützung für Thomas Bahrs Geschäftsmodell nur unverbindlich aus. Man wolle die Konzepte „näher prüfen“, hieß es.

Seit Daniel Bahr das Gesundheitsressort leitet, hat sich das ganz offensichtlich geändert – und das, obwohl der Koalitionsvertrag auf Wunsch der FDP vorsieht, dass die freien, niedergelassenen Ärzte und ihre Einzelpraxen unter einem besonderen Schutz stehen. Minister Daniel Bahr erklärte gegenüber der taz, er habe im Zuge des Gesetzesverfahrens keinen Kontakt zu seinem Bruder aufgenommen. Thomas Bahr war für eine Stellungnahme aus Krankheitsgründen nicht erreichbar. HH

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