Isolierte Chefin Roth

Auf ihrer Klausur findet die Führung der Grünen keine gemeinsame Haltung zum Einsatz in Afghanistan

HAMBURG taz ■ Im Grünen-Streit über den Afghanistan-Einsatz ist Parteichefin Claudia Roth zunehmend isoliert. Dies wurde auf einer Klausurtagung der Fraktion in Hamburg deutlich. Im Grünen-Führungsquintett plädierte sie als Einzige lautstark für eine Enthaltung, wenn der Bundestag im Oktober über die Verlängerung des Isaf-Mandats abstimmt. Die Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Fritz Kuhn sowie Koparteichef Reinhard Bütikofer sprechen sich dagegen für eine Zustimmung aus, Jürgen Trittin hält sich bedeckt.

Während Künast und Kuhn von Anfang an klar ihre Position vertreten haben, fallen Trittin und Bütikofer der Parteichefin in den Rücken. Fraktionskollegen kritisieren, Trittin habe den Vorschlag, sich zu enthalten, mit angestoßen. Jetzt ziehe er den Kopf aus der Schlinge.

Auch Bütikofer scheint mit gespaltener Zunge zu sprechen. Wie die Berliner Zeitung schreibt, sucht der Parteichef zwar offiziell nach einem Kompromiss mit Roth. Gleichzeitig habe er aber an einem Antrag für den Sonderparteitag übernächsten Samstag in Göttingen mit geschrieben, der sich für ein Ja zu Isaf ausspricht. Bei dem Antrag handelt es sich um einen Vorstoß des Reformerflügels um den Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit. Zu den Unterzeichnern gehören auch 15 Mitglieder der Bundestagsfraktion.

Damit wird es in Göttingen auch einen Antrag rechts des Leitantrags des Bundesvorstands geben. In dessen Antrag wird die Empfehlung für die Bundestags-Abstimmung offen gelassen. Links des Leitantrags fordert eine Gruppe um den Gelsenkirchener Robert Zion das sofortige Ende des Tornado-Einsatzes. Michael Cremer und Willy Achelpöhler fordern gar den sofortigen Abzug des gesamten Bundeswehrkontingents aus Afghanistan.

Doch dazwischen existieren noch weitere Positionen: Der Verteidigungsexperte Alexander Bonde warb in Hamburg für ein Ja zu Isaf: „Verglichen mit dem Gesamtauftrag des Isaf-Einsatzes, nämlich der Unterstützung beim Aufbau eines Staates in Afghanistan, fallen die Tornados nicht ins Gewicht“, so Bonde. Der Grünen-Linke Christian Ströbele ist „noch nicht“ für ein Nein zu Isaf, will diese Haltung aber ändern, wenn es binnen sechs Monaten keinen Strategiewechsel in Afghanistan gibt. In der nächsten Woche wollen sich Fraktion, Vorstand und Parteirat auf eine gemeinsame Haltung einigen.

Welche Grünen gestärkt aus der Debatte hervorgehen, ist noch unklar. Vorerst wurden Künast und Kuhn mit deutlicher Mehrheit in ihren Ämtern bestätigt. Die bisherige Fraktionsvize Thea Dückert wird parlamentarische Geschäftsführerin, Christine Scheel übernimmt ihren alten Posten. KATHARINA KOUFEN