Die Mietpreisbremse stottert

WOHNEN Die vom Bund geplante Mietpreisbremse hat zu viele Ausnahmen, kritisiert der Mieterverein. Dabei wäre das Instrument gerade für Berlin sehr wichtig: Drei Viertel der Angebote sind zu teuer

75 Prozent aller Wohnungsangebote sind so teuer, dass sie über dem Quadratmeterpreis liegen, ab dem in Zukunft die Mietpreisbremse greift. Das ergab eine Auswertung von rund 104.000 Einträgen in einer Onlineplattform für Wohnungsangebote. Der Auftrag für die Auswertung kam vom Mieterverein. Dessen Geschäftsführer Reiner Wild begrüßt die geplante Mietpreisbremse – es sei „unverzichtbar“, diese einzuführen. Er forderte allerdings, dass das Instrument noch verbessert wird.

Der Bundestag berät derzeit über einen Gesetzentwurf der Großen Koalition. Bisher gilt: Wenn Vermieter für eine Wohnung einen Mieter suchen, können sie jeden Preis verlangen, den sie wollen. In Zukunft darf die Miete maximal 10 Prozent über dem Mietspiegel liegen. Wenn ein Vermieter mehr verlangt, kann der Mieter sich nach dem Vertragsabschluss dagegen wehren. Dann wird die Miete auf den erlaubten Wert gesenkt. Eine zusätzliche Strafe oder Sanktion gibt es nicht.

Mietnachlass zur Strafe

Der Vermieter kann also nach der derzeit geplanten Regelung durch einen Gesetzesverstoß nur gewinnen. Der Mieterverein fordert hier Nachbesserungen und schlägt vor, dass die Miete in solchen Fällen nicht nur auf den maximal erlaubten Wert, sondern um weitere 10 Prozent sinkt.

Auch die im Gesetzentwurf derzeit noch vorgesehenen Ausnahmen kritisiert der Mieterverein. Der Entwurf sei so löchrig, „man kann schon von einem Schweizer Käse sprechen“, meint Geschäftsführer Wild. So dürfen die Vermieter teurer vermieten als eigentlich erlaubt, wenn die Wohnung in der Vergangenheit teurer vermietet war. Der Vermieter muss also nur einmal einen Mieter finden, der sich gegen eine illegale Miete nicht wehrt – und darf die Wohnung dann immer weiter zu diesem Preis vermieten. 450.000 der 1,45 Millionen Wohnungen in Berlin fallen unter diese Ausnahme. Für 150.000 weitere Wohnungen greift eine zweite Ausnahme wegen Modernisierungen. Durch die Ausnahmen entstehe eine „nicht hinnehmbare Einschränkung der Mietpreisbremse“, kritisiert Wild.

Die Mieten stiegen in Berlin in den vergangenen Jahren rasant an. Der Grund dafür ist für Wild „die hohe Zuwanderung nach Berlin und das dadurch verknappte Angebot“. Derzeit kommen etwa 50.000 Menschen pro Jahr nach Berlin. Als Reaktion darauf will der Senat dafür sorgen, dass die Zahl der neu gebauten Wohnungen so schnell wie möglich auf 10.000 pro Jahr steigt.

Der derzeit geltende Mietspiegel wurde im Mai 2013 veröffentlicht. Demzufolge kostet eine Mietwohnung in Berlin im Schnitt 5,50 Euro netto kalt pro Quadratmeter. Der neue Mietspiegel wird in vier Monaten veröffentlicht. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) geht davon aus, dass der Wert auf über 6 Euro steigen wird. SEBASTIAN HEISER