Zahnlos mit 25

Das Bramfelder Kulturzentrum „Brakula“ feiert dieses Wochenende Jubiläum. Nach 25 Jahren mangelt es an Biss, der linke Eckzahn scheint dem Vorstadt-Grafen abhanden gekommen

VON HANNES LEUSCHNER

Wo früher die Rhabarberfelder waren und bis in die fünfziger Jahre vor allem Kopfsteinpflaster, durchschneidet jetzt die Bramfelder Chaussee den Stadtteil Bramfeld, ein Stück „Zwischenstadt“, wie Städteplaner das nennen: von Stadt assimilierte Dörflichkeit, nicht Fisch, nicht Fleisch also.

Man hört nicht viel vom immerhin 50.000 Seelen zählenden Bramfeld, und wenn doch, dann meist Negatives: Von Bramfelds Nazi-Szene etwa, die sich jedoch, vielleicht der Biedermann-Strategie der NPD folgend, neuerdings mit öffentlichen Rabatz zurückzuhalten versucht. Ansonsten: Kaum Studenten oder junge Leute, viele alteingesessene Bramfelder Bürger und Betriebe. Und, seit Anfang der achtziger Jahre, das Kulturzentrum Brakula, das dieser Tage sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum feiert.

Den „Bramfelder Kulturladen“ gründeten 1982 engagierte Jungsozialisten. Friedensarbeit wollten sie machen, linke Politik und Kultur für Jedermann. Sie steckten viel freiwillige Arbeit in die Instandsetzung des inzwischen denkmalgeschützten Bauernhauses – und die Bramfelder Bürger brachten nach anfänglichem Fremdeln sogar Kuchen zur Mittagspause.

Mittlerweile ist das Zentrum beliebter Treffpunkt für viele Bramfelder, das Blasorchester der freiwilligen Feuerwehr tritt auf; es gibt Aquarell- und Gitarrenkurse. Die ursprünglich links-alternative Ausrichtung scheint dabei weitgehend auf der Strecke geblieben zu sein: Zwar treffen sich noch Gruppen von GAL und DKP in den Räumen, aber nebenan erfreut sich die Kindergruppe Pokémon-Liga ungeniert der Warenwelt.

Selbst mit der rechten Szene Bramfelds scheint eine friedliche Koexistenz erreicht: Vor einiger Zeit, erzählt Geschäftsführer Uwe Schmidt, haben sie welchen „von denen“ sogar eine Maschine zum Button-Drucken ausgeliehen, natürlich mit der Auflage, keinen rechten Unfug damit zu treiben. Das Haus distanziere sich klar von gefährlicher Deutschtümelei, versuche aber, einen möglichst offenen Ort zu schaffen, der mit Jedem in Dialog zu treten bereit ist.

Auf der Bühne des Brakula hatten Hamburger Kleinkunstgrößen wie das Kabarett-Duo Herrchens Frauchen und Trash-Diva Cindy aus Marzahn ihre ersten Auftritte. Einen Handy-Film-Wettbewerb „Verliebt in Bramfeld“ gab es. Im Rahmen der Stadtteilvernetzung sind derzeit Ganztagsschulen Thema. Nett und vielseitig ist das alles, aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da ein Stück linker Kultur vom Bürgertum schlicht geschluckt und schon recht gut verdaut wurde.

Reichlich brav und bürgernah war dann auch der am vergangenen Mittwoch gezeigte Film zur Geschichte des Hauses, ein Geburtstagsgeschenk von zwei Mitgliedern des Hamburger Filmclubs: Die wilden Achtziger werden in wenigen Bildern abgehandelt. Ansonsten sieht man eher Aquarellkunst, Trommelgruppe und Würstchenessen.

Schmidt, studierter Kulturmanager, wirkt nicht resigniert, eher sehr kompromissbereit, wenn er darüber sinniert, dass die dörflichen Strukturen in Bramfeld so ihre Vor- und Nachteile haben. Die große Kunst sei eher die Ausnahme, räumt er ein. Ein breites und offenes Programm, wie es auch zum Jubiläum präsentiert wird, habe man aber durchaus zu bieten.

Jubiläumsempfang heute um 12 Uhr im Brakula, Bramfelder Chaussee 265. Das ganze Jubiläumsprogramm: www.brakula.de