Palästina-Poker in der UNO

VEREINTE NATIONEN Vor dem Beginn der Generalversammlung bemühen sich die USA um eine Sperrminorität im Sicherheitsrat

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Vor seiner geplanten Rede vor der UNO-Vollversammlung am Freitag will Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bei Generalsekretär Ban Ki Moon offiziell den Antrag auf Vollmitgliedschaft des Staates Palästina in den Grenzen von vor 1967 einbringen. Darüber müsste zuerst der Sicherheitsrat befinden und – bei einer zustimmenden „Empfehlung“ – danach die Generalversammlung entscheiden.

Rund 150 Mitglieder der Generalversammlung würden nach bisherigen Bekundungen für den Antrag stimmen – weit mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit von 129 der 193 UNO-Staaten. Die USA könnten diesen Prozess durch ihr angedrohtes Veto bereits im Sicherheitsrat stoppen. Doch weil die Unterstützung für das Anliegen der Palästinenser in der Generalversammlung so groß ist, würden die USA mit einem Veto ihre globale Rolle und ihre politischen Einflussmöglichkeiten nicht nur in der arabischen Welt erheblich schwächen.

Deshalb bemüht sich die US-Regierung, unterstützt von Deutschland und Israel, dass der Antrag im Sicherheitsrat erst gar nicht die für seine Annahme erforderliche Mehrheit von mindestens 9 der 15 Mitglieder bekommt. Stimmen sieben oder gar mehr Ratsstaaten mit Nein oder Enthaltung, bräuchten die USA kein Veto mehr einzulegen. Israels UNO-Botschafter erweckte in einem Interview den Eindruck, sechs Ratsstaaten hätten sich bereits auf ein Nein oder Enthaltung festgelegt. Nach Angaben von US-Diplomaten sind dies neben USA und Deutschland die Ratsmitglieder Bosnien-Herzegowina, Kolumbien, Gabun und Großbritannien. Derzeit bemühe man sich vor allem darum, das „noch unschlüssige“ Portugal zu „überzeugen“.

Doch möglicherweise werden derartige Behauptungen über eine fast sichere Ablehnungsfront nur gestreut, um Abbas davon abzubringen, den Antrag bei Ban Ki Moon überhaupt abzugeben. Nachfragen der taz bei UNO-Diplomaten der genannten Staaten ergaben ein anderes Bild: Nur Vertreter Kolumbiens erklärten, die Regierung in Bogotá habe sich „auf Anraten aus Washington“ zu einem Nein entschlossen.

Gabun hat sich „noch nicht festgelegt“, will aber „möglichst in Übereinstimmung“ mit den Ratsmitgliedern Südafrika und Nigeria votieren. Deren Regierungen haben bislang ihre Zustimmung zu einem palästinensischen Mitgliedsantrag angekündigt. Bosnische Diplomaten berichten, ihre Regierung habe sich „trotz massivem Druck und Drohungen aus Washington, Berlin und Tel Aviv“ bislang noch nicht festgelegt. Großbritannien will „vor einer Entscheidung“ erst „den Wortlaut des Antrages“ prüfen. Dies erklärte auch Portugals Außenminister Paulo Portas.

Mit Ja votieren würden nach bisherigen Ankündigungen Südafrika, Nigeria, China, Russland, Brasilien, Indien und Libanon. Frankreich sendet derzeit noch widersprüchliche Signale.