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FUSSBALL Für Hertha BSC war 2014 ein Seuchenjahr. Die taz liefert das 10-Punkte-Sofortprogramm, damit es 2015 wieder besser läuft

Nur 31 Punkte hat Hertha BSC im Kalenderjahr 2014 saisonübergreifend in der Bundesliga geholt – der Wert eines Abstiegskandidaten. Nach einer desolaten Rückrunde 2013/2014 sollte es zur neuen Saison besser werden, doch deren Hinrunde verlief ähnlich enttäuschend. Trotz zahlreicher teils namhafter Zugänge steckt Hertha BSC im Abstiegskampf. Hier besteht drei Wochen vor dem Start in die Rückrunde der größte Handlungsbedarf:

1. Trainer: Jos Luhukay, vom Boulevard ob seiner Strenge „der kleine General“ genannt, ist seit 2012 in Berlin: Aufstieg, anschließend eine halbe Saison starker Konterfußball – seitdem ist Sand im Getriebe. Die Mannschaft stagniert, spielerisch war die Hinrunde ein Offenbarungseid. Wunschspieler des Trainers sitzen auf der Bank, das Verhältnis zur Mannschaft scheint belastet. Lösung: Der General muss sich neu erfinden und locker machen.

2. Taktik: In der Hoffnung auf Kontersituationen sind defensiv erkämpfte Bälle in der ersten Saisonhälfte gerne orientierungslos nach vorne gedroschen worden – nicht selten, ohne dass dort ein Mitspieler stand. Stellte sich ein Gegner auf diese Spielweise ein, fehlte es Hertha am Plan B. Lösung: Bälle nicht mehr blind nach vorn dreschen. Plan B entwickeln.

3. Training: Abstöße sind das größte Defizit von Torwart Thomas Kraft: Sie landen oft im Aus oder beim Gegner. Abstöße sind eigentlich ein leicht einzuübender Bewegungsablauf, dem aber wohl im Training keine größere Bedeutung zukommt. Ähnlich sieht es auch mit der Spieleröffnung durch die Verteidiger aus. Lösung: Üben, üben, üben.

4. Einsatz: Dass das Team kämpfen kann, hat es bewiesen. Dass es selten kämpfen will, auch. Hertha hatte in der Hinrunde die zweitschlechteste Zweikampfquote aller Teams. Aber Kampf und Einsatz sind eine Frage des Wollens. Lösung: Kämpfen, sonst Tribüne.

5. Konzentration: Auch Herthas Passquote ist erschreckend schwach. Für einen Pass über 20 Meter zum Mitspieler bedarf es aber keiner ausgefeilten Technik, Aufmerksamkeit würde genügen. Lösung: Der Kopf passt mit.

6. Transfers: Herthas Transfers sind im Sommer gelobt worden, mit Heitinga, Stocker und Kalou kamen namhafte Spieler. Warum sie verpflichtet wurden, weiß heute keiner mehr so genau. Nicht weil sie so schlecht gespielt hätten, sondern weil sie fast gar nicht gespielt haben. Aber wieso wollten Trainer und Manager sie dann haben? Lösung: Keine Neuzugänge mehr, stattdessen auf die eigene Jugend setzen.

7. Jugendarbeit: Hamburg und Bremen haben etablierte Spieler durch Nachwuchsleute ersetzt. Und in Berlin? Bringen die Profis zwar auch keine Leistung, Konkurrenz aus der eigenen Jugend droht ihnen trotzdem nicht. Hany Mukhtar etwa, im Sommer Siegtorschütze bei der U21-Europameisterschaft, stand in der Hinrunde nicht einmal im Kader. Nun wechselt er nach Lissabon. Zu schlecht für Hertha, aber gut genug für ein Team, das im Europacup spielt? Lösung: Einfach mal einen Jungen reinwerfen, schlimmer kann’s nicht werden.

8. Management: Michael Preetz ist seit fünf Jahren Geschäftsführer Sport bei Hertha BSC. In dieser Zeit stieg der Klub zweimal ab, Jos Luhukay ist der sechste Trainer unter Preetz. Der weiß: Jede wegweisende Entscheidung kann seine letzte sein. Sein Auftreten wirkt zögerlich. Lösung: Brust raus, Attacke!

9. Rekonvaleszenz: Zugegeben, Hertha hat mit Verletzungspech zu tun. Dass Ausfallzeiten der Spieler immer wieder länger dauern als vom Verein angekündigt, wirft Fragen auf: Was machen die eigentlich in der Reha? Lösung: Mehr Fitnessstudio, weniger Playstation.

10. Selbstbild: Nach dem letzten Hinrundenspiel (0:5) sagte Preetz, offensiv würde Hertha gut spielen, die Defizite lägen in der Abwehr. Von welcher Mannschaft er da gesprochen hat, ist nicht überliefert, Hertha kann es nicht gewesen sein (siehe 2.). Trainer Luhukay stellte gerade in einem Bild-Interview fest, dass Hertha – ein Punkt Vorsprung vor einem Abstiegsplatz – nicht in Abstiegsnot sei. Lösung: Alles gut, weitermachen wie bisher. Hier ist sowieso keinem mehr zu helfen. TORSTEN LANDSBERG