Eine Bank bewährt sich

Hannover 96 gewinnt mit 3 : 2 gegen Bochum und schafft damit den ersten Heimsieg der Saison. Dabei zeigt sich, dass die Niedersachsen mittlerweile von ihrer Personalpolitik profitieren – und in der Lage sind, Nerven zu bewahren

Nach dem Spiel standen Hannovers Trainer Dieter Hecking und Bochums Verteidiger Christoph Dabrowski zusammen vor dem Spielertunnel und hatten einiges zu besprechen. 3 : 2 hatten die Niedersachsen gegen den VfL Bochum gewonnen, dann doch noch, nachdem das Spiel in der zweiten Halbzeit noch zu kippen drohte. Es war eine Zitterpartie. Über die der Bochumer Dabrowski, der früher für Hannover 96 gespielt hatte, nachher sagte: „Wir haben die erste Halbzeit total verschlafen.“

Dabrowski meinte dabei vor allem jene ersten 20 Minuten des Spiels, in denen die Bochumer der Partie seltsam entrückt wirkte und das Geschehen auf dem Platz einzig die Hannoveraner bestimmten. Die Niedersachsen kamen in dieser Phase auf satte 78 Prozent Ballbesitz und auf dem Platz ging es insgesamt „eigenartig leise“ zu, wie VfL-Kapitän Tomasz Zdebel später sagte.

Dass den Niedersachsen dabei lediglich zwei Fernschusstore durch Mike Hanke (12.) und Jan Rosenthal (36.) glückten, lag eher an der Fahrigkeit des Hannoveraner Angriffsspiels als am Abwehrgeschick der Gäste. „Es war schlichtweg die schlechteste Halbzeit seit ich hier in Bochum bin“, sagte VfL-Trainer Marcel Koller. Dennoch hätte es nach dem Anschlusstreffer durch Tommy Bechmann (44.) und dem Ausgleich durch einen verwandelten Strafstoß von Marcel Maltritz (66.) beinahe doch noch zu immerhin einem Auswärtspunkt gelangt – wäre da nicht Vahid Hashemian gewesen, der kaum eine Minute nach seiner Einwechselung per Kopfball zum 3 : 2 traf (71.).

„Ein Riesenkompliment an meine Mannschaft, wie sie nach den zwei Gegentreffern wieder zurückgekommen ist“, sagte 96-Trainer Hecking und fügte hinzu: „Es gibt auch Mannschaften, die sich dann auch noch das dritte Tor fressen und verlieren.“

Tatsächlich zeigte der Erfolg Hannovers aber vor allem eines: die beachtlich gereifte Personalpolitik der Niedersachsen, die in der Mannschaft eine fruchtbare Konkurrenzsituation gedeihen ließ. „Heute konnte man sehen, dass wir auch eine gute Bank haben“, sagte Nationalspieler Mike Hanke, der selbst nach 70 Minuten aus dem Spiel rotiert wurde.

So hat die sportliche Leitung in dieser Saison erstmals ein seit lange gehegtes Ziel verwirklichen können: die Doppelbesetzung für jede Position auf dem Platz, von der die Mannschaft nun zehren kann und die auf kurz oder lang dazu führen soll, dass sich der Klub zur Bundesliga-Mittelmacht mausert. Kurz vor Ende der Wechselperiode konnte vergangenen Freitag als letzter Neuzugang Mittelfeldmann Christian Schulz von Werder Bremen für Hannover 96 verpflichtet werden, ebenfalls ein absoluter Wunschspieler des Vereins. In diesem konstruktiven Klima blüht nun ein Wettstreit um die Stammplätze, wobei im Training „richtig gebissen“ werde, wie Hanke sagte.

Eine neuerliche Chance zum Beißen gab 96-Trainer Hecking seinen Profis keine 24 Stunden nach dem Erfolg über Bochum, als er seine Mannschaft bereits wieder zum Üben auf die Trainingsanlage bat. Zudem lässt Hecking heute Laktat messen, um die persönliche Ausdauerfähigkeit zu überprüfen – eine weitere Möglichkeit zum direkten Leistungsvergleich seiner Spieler.

Lars Geiges