Im Reich des Ben Ali spielte die Zahl 7 eine dominante Rolle, vom Staatsfernsehen über Strassennamen bis zur Fluggesellschaft
: Wie die Zahl 7 aus der Öffentlichkeit verschwunden ist

Ein Metzger nannte seinen Laden „Schlachterei des 7. November“

NEBENSACHEN AUS TUNIS VON REINER WANDLER

Im Reich des gestürzten tunesischen Staatschef Zine al-Abidine Ben Ali drehte sich alles um die Zahl 7. Das Staatsfernsehen hieß TV7, die Inlandsfluggesellschaft wurde am 7. 7. 07 auf den Namen Sevenair getauft. Briefmarken mit der Zahl wurden aufgelegt, Geldscheine schmückte eine stilisierte 7 und den Personalausweis sieben Tauben. Plätze wurden mit sieben Bäumen bepflanzt. Doch damit nicht genug: In jeder Stadt gab es eine Rue du 7 Novembre oder einen Platz gleichen Namens, Hotels, Restaurants, Blumengeschäfte … viele Privatunternehmer taten es dem Staate gleich. Die 7 war für Ben Ali eine Art Glückszahl und für die Tunesier der ständige Hinweis, wer das Sagen im Land hatte.

Denn es war der 7. November 1987, als Ben Ali seinen Ziehvater, den ersten Präsidenten des unabhängigen Tunesiens Habib Bourguiba, mit einem Staatsstreich entmachtete. Sieben Ärzte erstellten ein Attest, dass Bourguibas Unfähigkeit bescheinigte, weiter in der Lage zu sein, die Geschicke Tunesiens zu lenken. Fortan galt der 7. November als der Tag des Wechsels. Er wurde zum Feiertag und verdrängte den 20. März, den Tag der Unabhängigkeit.

Die Zahlenspiele des Großen Bruders gefielen den Tunesiern nicht. Als Windows 7 auf den Markt kam, machte der Witz die Runde, Bill Gates hätte sich jetzt Ben Ali verschrieben. Und die französische Tageszeitung Libération erzählt von einer besonders brisanten Begebenheit. Ein übereifriger Metzger nannte seinen Laden „Schlachterei des 7. November“. Die Passanten amüsierten sich, die Polizei gab Befehl zur Namensänderung. Im Jahr 2007 entstand gar eine Facebook-Gruppe „gegen den lächerlichen Kult um die 7“ (www.facebook.com/group.php?gid=51853306928&v=info). 2008 wurde die Seite vorübergehend gesperrt.

Jetzt nach der Revolution ist die 7 aus dem Leben der Tunesier verschwunden. TV7 wurde zum Tunesischen Nationalen Fernsehen, Sevenair zu Tunisair Express. Die Geschäftsleute besinnen sich auf ihren eigenen Vornamen oder den von Frau oder Tochter. Und die Straßen und Plätze des 7. November wurden entweder in Mohammed Bouazizi umbenannt – nach dem Mann, der mit seiner Selbstverbrennung die Proteste auslöste, die Ben Ali stürzten – oder sie heißen Platz des 14. Januar, dem Tag der Revolution. „Doppelsieben“ scherzen die Tunesier gern.