Der Grantige

Wenn Uli Wachholtz die Perspektiven der norddeutschen Wirtschaft mit „verhaltenem Optimismus“ betrachtet, schrillen die Alarmglocken. Denn was der Präsident der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UV Nord) darunter versteht, klingt eher nach einem Begräbnis zweiter Klasse für die freie Markwirtschaft. So vermisst er von der Bundesregierung „Signale für mehr Wachstum und Beschäftigung“ aus Berlin. Diese habe vielmehr „großzügig Wahlgeschenke zulasten zukünftiger Generationen wie die Mütterrente, die abschlagsfreie Rente mit 63 und den Mindestlohn“ verteilt, sagte Wachholtz am Donnerstag auf dem Neujahrsempfang des UV im Hamburger Hotel Atlantic.

Und richtig grantig ging der 65-jährige Verleger aus Neumünster mit der Koalition von SPD, Grünen und SSW in Kiel um. Diese habe „die Wirtschaft auf eine harte Probe gestellt“: Denn der höchste Landesmindestlohn Deutschlands, die höchste Grunderwerbssteuer, eine verfehlte Neuordnung der Landesplanung und ein fehlendes Industriekonzept haben die Wirtschaft frustriert, klagte Wachholtz. Nur Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD), der im unentwegten Kampf mit dem grünen Koalitionspartner zu retten versuche, was zu retten sei, attestierte der Unternehmerchef zumindest Bemühen: „Er ist seinem Ruf als verkehrspolitischer Anwalt der Wirtschaft gerecht geworden.“

Da könnten die Schleswig-Holsteiner sich aber ein Vorbild am Hamburger Olaf Scholz nehmen, der „richtige Weichenstellungen vorgenommen“ habe. Die Olympia-Bewerbung, die Konsolidierung des Haushalts, der Schulfrieden nach der gescheiterten G9-Initiative, der Wohnungsbau und die Förderung des Wissenschaftsstandorts Hamburg sind Wachholtz ein Wohlgefallen. Zur Wiederwahl von Scholz am 15. Februar rief Wachholtz jedoch nicht ausdrücklich auf: Das hatte schon vor Weihnachten der Industrieverband Hamburg getan.  SMV