Schachzug eines Polit-Erben ganz kurz vor der Wahl

GRIECHENLAND Exregierungschef Giorgos Papandreou gründet neue sozialdemokratische Partei und spaltet so das linke Lager

ATHEN taz | Modern-sozialdemokratisch soll das Ganze anmuten: Der Gründungsakt findet im Benaki-Museum für zeitgenössische Kunst statt. Die neue Partei heißt „Bewegung der Demokraten (und) Sozialisten“. Schicke Kleidung und rote Krawatte sind Pflicht. Im Hintergrund tummeln sich Jugendliche mit Laptops, skandieren Parolen wie „Andreas, du lebst, du führst uns“.

Das kommt nicht von ungefähr. Giorgos Papandreou ist Sohn des legendären Sozialistenführers Andreas Papandreou, der 1974 die Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) gründete und in den achtziger Jahren Griechenland im Alleingang regierte. Noch heute vergöttern viele Griechen den 1996 Verstorbenen, der Sozialreformen durchführte und nicht zuletzt „fremden Mächten“ Paroli bot. Für seine Gegner war Andreas Papandreou ein Volkstribun, der mit EU-Geldern falsche Hoffnungen geweckt und Griechenland völlig heruntergewirtschaftet hat.

Giorgos Papandreou will an das politische Erbe seines Vaters anknüpfen. Im ersten Anlauf hatte es nicht geklappt: Mitten in der Schuldenkrise musste er im November 2011 nach zweijähriger Amtszeit als Regierungschef abdanken. Heute gibt er sich als Opfer von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy und will es noch einmal wissen.

Die neue Konkurrenz im Sozialistenlager erregt freilich den Unmut des Vizeregierungschefs und heutigen Pasok-Vorsitzenden Evangelos Venizelos, der um seinen Wiedereinzug ins Parlament bangen muss. „Leider verhält sich Papandreou wie ein Erbe, der seine Erbschaft zerstören will“, ließ Venizelos sinngemäß über seine Sprecherin verlauten.

Noch drastischer formuliert es der ehemalige Abgeordnete der Linksopposition, Petros Tatsopoulos: „Die Gründung einer Papandreou-Partei, das klingt wie eine Nachtparty in der Irrenanstalt“, sagt der parteilose Linkspolitiker.

Der Gescholtene sieht es anders: „Wer nicht verstehen will, spricht von einer Spaltung. Wir sprechen von einer Erlösung, von einem Bruch mit dem Parteien-Etablissement“, verspricht Papandreou in seiner Gründungsrede.

Kaum jemand glaubt im Ernst, dass ausgerechnet dieser Mann an die Erfolge der einst allmächtigen Pasok anknüpft. Doch er könnte der Linksopposition Syriza Stimmen abjagen und den sicher geglaubten Sieg am 25. Januar verhindern. Syriza-Sprecher Panos Skourletis bläst zum Gegenangriff: Papandreou selbst habe eine „schwere persönliche Verantwortung“ für die Misere im Land, erklärte Skourletis kürzlich in einem Radiointerview. Wer dies verschweige, „unterschätzt die ehemaligen Pasok-Wähler“, mahnte der Linkspolitiker. JANNIS PAPADIMITRIOU