Mischreis kommt teuer

Ein Bremer Reisimporteur verklagt zwei US-Reisproduzenten auf sieben Millionen Dollar Schadenersatz. Diese hatten im vergangenen Jahr genmanipulierten Reis der Sorte LL 601 geliefert, der in den USA, nicht aber in der EU zugelassen ist

Juli 2007: Ein Bodenburger (Kreis Hildesheim) Unternehmen wird verdächtigt, verdorbene Wurstwaren zu verkaufen. Die Firma belieferte Altenheime und Großküchen der Region. April 2006: Der größte deutsche Eierproduzent mit Sitz in Vechta muss seine Ställe schließen, nachdem in Eiern und Hühnerfedern Nikotinrückstände gefunden wurden. Januar 2006: In Neumünster werden 15 Tonnen verdorbenes Putenfleisch vernichtet. Der Händler steht im Verdacht, die abgelaufene Ware als Tiefkühlkost verkauft zu haben. Juli 2002: Das verbotene Hormon MPA wird in 1064 niedersächsischen Schweinen nachgewiesen. Die bereits verarbeiteten Tiere kamen ursprünglich aus den Niederlanden. UG

VON JAN ZIER

Die in Bremen ansässige „Rickmers Reismühle“ verklagt zwei Reisproduzenten in den USA auf rund sieben Millionen US-Dollar Schadensersatz. Sie haben dem Importeur im vergangenen Jahr in der EU nicht zugelassenen, gentechnisch veränderten Reis der Sorte LL 601 geliefert.

Rickmers Reismühle fordert die Summe von den beiden im US-Staat Arkansas ansässigen Unternehmen „Riceland Foods“ und „Producers Rice Mill“ – als Entschädigung für notwendig gewordene Rückrufaktionen von Lebensmitteln, in denen der beanstandete Reis verarbeitet worden war. Rickmers Reismühle musste insgesamt 2.000 Tonnen verkaufsfertige Ware aus ganz Europa zurückholen, wie Geschäftsführer Rolf Eick sagt. Die 1807 gegründete Firma handelt im Jahr mit gut 30.000 Tonnen Reis, die 60 MitarbeiterInnen erwirtschaften damit einen Umsatz von 25 Millionen Euro.

Die Klagen wurden bei einem Bundesgericht im Staate Arkansas eingereicht. „Es handelt sich um einen klaren Fall von Vertragsbruch“, sagt Eick. Man habe sich in den Kaufverträgen stets schriftlich zusichern lassen, dass der aus den USA importierte Reis frei von gentechnischer Verunreinigung sei. Gleichwohl habe man jede aus den USA eintreffende Ladung stichprobenartig auf Verunreinigungen mit Gen-Reis untersuchen lassen.

Nach Warnungen der US-Regierung vom August 2006 waren damals in Süddeutschland 46 Proben Reis untersucht worden, in vieren davon fand das Veterinäruntersuchungsamt Freiburg Bestandteile der gentechnisch veränderten Reissorte „LL 601“. In drei weiteren Fällen wurde gentechnisch verändertes Material einer noch unbekannten Entwicklungslinie entdeckt. Der kontaminierte Reis stammt aus einer Import-Charge von 380 Tonnen, die schon im Oktober 2005 eingeführt wurde.

Die EU-Kommission musste daraufhin im September vorigen Jahres bestätigen, dass in mehreren EU-Staaten gentechnisch veränderter Reis aus den USA entdeckt wurde. Laut Geschäftsführer Eick ist Rickmers Reismühle schon das vierte Unternehmen, das in den USA Klage in dieser Angelegenheit erhebt. Der Bundesverband von Nährmitteln aus Getreide und Reis schätzt, dass seit August 2006 insgesamt 10.000 Tonnen Reis vom deutschen Markt genommen wurden.

Inzwischen, so Eick, kaufe er gar keinen Reis mehr in den Vereinigten Staaten ein. Die USA liefern gut 12 Prozent aller Reisimporte. Der Importeur aus Bremen bezieht seine Ware nach eigenen Angaben heute fast ausschließlich aus Uruguay – weil dort bislang nicht der Versuch unternommen würde, das Getreide gentechnisch zu manipulieren.

LL (“Liberty Link“) 601 wurde vom Chemiekonzern Bayer entwickelt und zwischen 1999 und 2001 auf Versuchsfeldern in den USA getestet. „Liberty“ ist zugleich die Vertriebsbezeichnung für das Bayer-Herbizid Glufosinat. Der Gen-Reis LL 601 ist gegen das Schädlingsvernichtungsmittel resistent und sollte Bauern im Paket mit dem Insektengift angeboten werden. Aus unbekannten Gründen wurden 2001 die Tests eingestellt.

Die US-Landwirtschaftsbehörden haben – anders als die EU – die umstrittene Genreis-Sorte offiziell zugelassen. Eine eingehende Überprüfung habe ergeben, dass die Langkornreis-Sorte genau so sicher sei wie traditionell gezüchteter Reis, hieß es 2006 aus dem US-Landwirtschaftsministerium. LL 601 sei nicht schädlich für die Umwelt und dürfe daher ohne Überwachung durch das Ministerium angebaut werden. Die EU-Kommission hatte sich zuvor bei der US-Regierung über deren Informationspolitik beschwert und bemängelt, dass es „mehrere Wochen“ gedauert habe, bis über die Genreis-Spuren berichtet worden sei. Die EU beschloss daraufhin, US-Langkornreis nur noch zuzulassen, wenn er nachweislich keine Gen-Anteile enthält.

Dass im Jahr 2006 Anteile von LL 601 in den Verkauf geraten konnten, bestätigt nach Ansicht der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG), dass sich bei Freilandversuchen gentechnisch verändertes Material unkontrolliert freisetzt. „Konventionelle Anbauflächen werden durch Pollenflug von den Gen-Äckern kontaminiert“, sagt ein Sprecher der CBG. Dies sei „überhaupt nicht kontrollierbar“.