Schloss steht vor dem Richtfest

Genau genommen hätte man am Humboldtforum schon Ende 2014 Richtfest feiern können. Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses hatte den vierten und damit letzten Stock erreicht. Die Decke hielt, das Dach war drauf, es fehlten nur noch die Attika und die Kuppel über dem ehemaligen Eosanderportal.

Doch weil es sich bei wärmeren Temperaturen besser feiert als bei Wind und Wetter, hat Manfred Rettig, verantwortlicher Bauherr und Chef der Stiftung Berliner Schloss, das Richtfest aufs Frühjahr 2015 verschoben. Im Mai, Juni oder Juli ist das Dach dann offiziell fertig, die Architektur im Rohbau steht. Der Zimmermann kann es krachen lassen.

Das Richtfest am Humboldtforum alias Berliner Schloss wird mit Sicherheit zum Event sondergleichen stilisiert werden, funktioniert doch die Baustelle in der Mitte der Stadt wie ein Uhrwerk. Die Kräne kreisen, die Termine sind im Lot. Baustopps, explodierende Kosten, schlechte Planung oder Verzögerungen wie bei der Staatsoper oder der James-Simon-Galerie sind Fehlanzeige – von der ewigen Erblast fehlender Spendengelder für die barocke Fassade in Höhe von 80 Millionen Euro für den 600-Millionen-Bau einmal abgesehen. Solche Nachrichten sind eine echte Fete wert in Berlin.

Das Schlossprojekt wird 2015 dennoch seine Akteure – die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), den Bund und Berlin – mit einer Frage beschäftigen: Steigt Berlin aus dem Humboldtforum aus und zieht sich mit der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) von dort zurück? Offiziell bestätigen will das bis dato niemand. Aber Gespräche, so die Kulturverwaltung, hat es gegeben, wonach Berlin seine ZLB-Flächen im Schloss abgibt und dafür 32 Millionen Euro oder reichlich mehr Kompensation erhalten könnte. Ein neues Konzept und eine Architektur für die ZLB nach ihrem Ende auf dem Tempelhofer Feld wird es ohnehin geben müssen.

Dass es dem Bund und der SPK überhaupt in den Sinn kommt, über einen möglichen Berliner Rückzug nachzudenken, hat seinen Grund: Es wird enger als gedacht im Humboldtforum. Die SPK zieht mit ihren außereuropäischen Sammlungen in das Schloss und will einmal 24.000 Quadratmeter Fläche nutzen. Doch das reicht nicht für die Kolossalstatuen, Kon-Tiki-Riesenboote oder Indianerzelte aus aller Welt. Die 4.000 Quadratmeter Nutzfläche des ZLB-Anteils könnte sie gut gebrauchen. Darüber wird zu reden sein, und das sicher schon beim Richtfest 2015. ROLF LAUTENSCHLÄGER