Lobby-Offensive um Klimaschutz

Umweltverbände fordern mehr Maßnahmen. Immobilienwirtschaft fühlt sich bedroht

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung wird ihre Ziele zur CO2-Verringerung mit ihren derzeit vorliegenden Gesetzesplänen nicht einhalten können. Das ergibt eine Untersuchung, die die Umweltorganisation Greenpeace bei dem Nürnberger Beratungsunternehmen Ecofys in Auftrag gegeben hatte. Selbst wenn alle 30 vorgeschlagenen Maßnahmen zügig und vollständig umgesetzt werden sollten, würde Deutschland demnach sein Klimaziel für 2020 verfehlen. Dafür müsste der Kohlendioxid-Ausstoß um 260 Millionen Tonnen sinken. Mit den vorliegenden Plänen käme die Bundesregierung im Idealfall jedoch nur auf 215 Millionen Tonnen.

Über das Klima-Eckpunktepapier wird das Kabinett diese Woche bei seiner Klausur in Meseberg entscheiden. Vorgeschlagen sind unter anderem Maßnahmen zur Reduzierung des Stromverbrauchs und zur Sanierung von Häusern. Nach Auffassung von Greenpeace bleibt der Kabinettsplan deutlich hinter den Erwartungen zurück. „Wenn sich Frau Merkel Ziele zum Klimaschutz setzt, muss sie diese auch erreichen wollen“, sagte Klimaexperte Karsten Smid. Greenpeace fordert deshalb ein verbessertes Papier, damit das Ziel tatsächlich erreicht werden kann.

Auch der BUND übte gestern heftige Kritik an der Bundesregierung. BUND-Geschäftsführer Gerhard Timm nannte das Klimaschutzpaket „eine Fülle von Ankündigungen ohne konkreten Zeitplan und ausreichende Finanzierungsinstrumente“. Er forderte, jedes Jahr ein neues Klimaschutzgesetz zu verabschieden und so die Treibhausgasemissionen pro Jahr um 3 Prozent verringern.

Eine andere Interessengruppe wehrte sich dagegen öffentlich gegen zu viel Klimaschutz: Die Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) fühlt sich durch die geplanten Verordnungen benachteiligt. Sie schätzt, dass in den kommenden vier Jahren 113 Milliarden Euro an Kosten für sie anfallen. Der Vorsitzende Walter Rausch erklärte gestern in Berlin, dass es keine Zwangsmaßnahmen bei der energetischen Gebäudesanierung geben dürfe. „Private Gebäudeeigentümer und Investoren können nur dann langfristig erhebliche Beiträge zum Klimaschutz leisten, wenn das Wirtschaftlichkeitsgebot eingehalten wird“, so Rausch. So solle etwa die Wahlfreiheit bestehen bleiben, ob erneuerbare Energien genutzt oder Gebäude saniert werden.

JULIA LANGENSIEPEN

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