Geschacher um Mariahilf

Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul will die kleine Klinik an Helios verkaufen. Konkurrent Asklepios hingegen will den Zuschlag gerichtlich erzwingen

VON ELKE SPANNER

Um das kleine Krankenhaus Mariahilf in Harburg ist ein Geschacher entbrannt, das offenbart, wie sehr die Gesundheitsbranche zum Wirtschaftszweig verkommen ist. Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul möchte ihre 255-Betten-Klinik an die Helios-Kliniken verkaufen (taz berichtete), aber sie darf es nicht – die Asklepios GmbH, ein weiterer Interessent, hat den Verkauf gerichtlich vorerst stoppen lassen.

Eine einstweilige Anordnung, die Asklepios beim Landgericht Hildesheim beantragte, hatte Erfolg. Nun ist das Oberlandesgericht Düsseldorf am Zug. Sollte das Asklepios Recht geben, könnte die groteske Situation entstehen, dass sich Mariahilf einem Käufer übergeben muss, den es gar nicht mehr will – was dem innerbetrieblichen Frieden nicht gerade dienlich sein würde. Die MitarbeiterInnen hatten sich längst darauf eingestellt, bald für die Helios Kliniken zu arbeiten. „Die Belegschaft setzt große Hoffnungen in uns“, sagt Helios-Sprecher Tobias Meixner.

Dem Hick-Hack geht eine jahrelange Geschichte voraus. Als der Stadt noch der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) mit seinen sieben Kliniken gehörte, plante sie, ihr AK Harburg mit dem benachbarten Haus Mariahilf zusammenzulegen. Nachdem dann 2004 die Asklepios GmbH den LBK von der Stadt erworben hatte, trieb sie die Fusion voran – allerdings ohne vorher die Genehmigung des Bundeskartellamtes einzuholen. Als dies davon erfuhr, ließ es von der Polizei die Geschäftsräume von Asklepios durchsuchen. Gegen die Geschäftsführung laufen strafrechtliche Ermittlungen, die Fusion wurde vom Kartellamt untersagt: Der Krankenhausbetreiber würde dadurch eine marktbeherrschende Stellung erhalten, die es zu verhindern gelte.

In der Annahme, dass der Verkauf damit geplatzt sei, ging die Kongregation der Barmherzigen Schwestern auf die Suche nach einem neuen Käufer. Sie entschied sich für Helios, auf Bundesebene erbitterter Konkurrent von Asklepios. Damit nun wollte Asklepios sich nicht abfinden und zog vor Gericht.

Asklepios beruft sich nach Aussagen von Sprecher Rudi Schmidt auf das Krankenhausplanungsrecht. Seit den 1990er Jahren habe die Stadt Hamburg die Zusammenlegung des AK Harburg mit Mariahilf geplant. Das dürfe nicht vom Bundeskartellamt ausgehebelt werden. Ehe durch den Verkauf an Helios Tatsachen geschaffen werden, müsse deshalb geklärt werden, ob Krankenhausplanungs- oder Kartellrecht Vorrang habe.

Für die übrigen Beteiligten stellt sich diese Frage allerdings nicht. Für das Bundeskartellamt steht laut Sprecher Markus Zeise außer Frage, dass es die Kompetenz hat, die Fusion zu untersagen: „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ Dass Asklepios die Fusion mit Mariahilf bereits vorangetrieben hatte, sei unrechtmäßig gewesen: Eine Genehmigung des Bundeskartellamtes wäre zweifellos erforderlich gewesen und lag nicht vor. Deshalb sei es überraschend, dass das Unternehmen die Courage besitze, sich vor Gericht auf diesen unrechtmäßigen Zustand zu berufen – und dafür auch noch vorläufigen Rechtsschutz bekam.

Nun geben sich alle Seiten siegesgewiss. Asklepios-Sprecher Schmidt sagt: „Wir gehen davon aus, dass wir vor dem Oberlandesgericht Recht bekommen.“ Doch auch Konkurrent Helios glaubt, bald die kleine Klinik im Süden Hamburgs zu betreiben: „Wir gehen davon aus, dass der Übergang der Klinik an uns nicht gestoppt, sondern nur verzögert ist“, sagt Sprecher Meixner. Doch wer auch immer das Krankenhaus eines Tages führen wird: „Das Wichtigste ist, dass in das Haus endlich Ruhe kommt.“