Blind Dating (7)

Treffen mit Friederike S.

Zuerst saßen wir vorm Intimes, einem Café mit angeschlossenem Programmkino im Stein gewordenen Zeltlager namens Friedrichshain. Das passte irgendwie. Friederike in Friedrichshain. Nach den üblichen Floskeln, wie sie anfangs fallen, wenn sich die gemeinsame Frequenz nicht so schnell findet, wollten wir zur Auflockerung einen Film sehen, auf den wir kurzfristig doch keine Lust mehr hatten. Stattdessen stand ein Konzert an. Eine Band aus demselben westdeutschen Kaff, aus dem F. kam, spielte im Sage Club, einem Postpubertätsschuppen an der Jannowitzbrücke.

In der S-Bahn versprach es nett zu werden. F. lachte über meine Scherze und zeigte ein warmes Lächeln, das sich über den gesamten Waggon verteilte. In diesen Momenten gefiel mir sogar ihr Unterlippen-Piercing.

Dann erreichten wir den Club. Er war halbwegs gut gefüllt, die meisten Leute schienen sich zu kennen. Die Band trat auf. Seifige Jungs in Mitte-No-Ass-Jeans kloppten typischen Provinzrock herunter, der es seit Jahrzehnten tatsächlich immer wieder schafft, Aufmerksamkeit zu erheischen. Dabei klingt er immer gleich, egal woher er kommt, aus Berlin, Bielefeld oder Kroatien. Jedenfalls, F. unterhielt sich nachher backstage stundenlang mit dem Bassisten, der weder ein Teufelskerl am Bass war noch besonders gut aussah. Ich saß daneben und schmollte, zu den von ihnen belaberten Themen – irgendwas zwischen Sitzblockadetraining und Zollabfertigung – hatte ich nichts beizusteuern.

Nach gefühlten zwei Stunden wurde es mir zu blöd. Ich lächelte ein unbeteiligtes Mädchen an und überredete es im Folgenden, mit woandershin zu gehen. Friederike habe ich nicht mehr gesehen. RENÉ HAMANN