die taz vor elf jahren über feinde von gestern
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Das Geld, das der Chemieriese Hoechst für die Untersuchung von drei Produktlinien auf die Konten der Öko-Institute in Darmstadt und Freiburg überweisen wird, sei den (alternativen) WissenschaftlerInnen gegönnt. Die Ökowissenschaftler haben über Jahre hinweg (fast) unbezahlte Arbeit für mittellose Bürgerinitiativen geleistet. Es ist keineswegs ehrenrührig, heute mit dem „Feind“ von gestern zusammenzuarbeiten.

Doch warum dann für dieses schlichte Engagement bei Hoechst diese aufwendige „Verpackung“? Die neue Unternehmensphilosophie von der nachhaltigen Entwicklung werde endlich „mit Leben erfüllt“ und das Management „strategisch neu ausgerichtet“. Von der „Operationalisierung“ bereits entworfener Konzepte zur globalen Umsteuerung ist die Rede. Hoechst behauptet sogar, die Beschäftigung von sechs Wissenschaftlern für zunächst vier Monate sei eine „Konsequenz aus dem Umweltgipfel in Rio“.

Dabei geht es wohl zunächst nur darum, etwa eine feuchtigkeitsabsorbierende Faser, aus der die Einlagen für „Pampers“ gefertigt werden, auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu überprüfen. Eine Nummer kleiner und glaubwürdiger ging es wohl nicht. Etwa in der Form, daß bei dieser Zusammenarbeit in erster Linie die wechselseitige Akzeptanz der ProjektmitarbeiterInnen ausgelotet werden soll – und danach die ökologische Verträglichkeit einzelner Produktlinien. Das wäre doch auch mehr als nichts. Wenn die Hoechst AG darüber hinaus noch öffentlich einräumen würde, daß es ihr darum geht, sich mit dem Image des Öko-Instituts zu schmücken, und das Öko-Institut im Gegenzug bekennt, daß man gerne Geld verdient, wäre wieder Normalmaß bei der Außendarstellung zu konstatieren. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet nämlich eine Unternehmensstrategie in Zeiten knapper Ressourcen und teurer Umweltschutzauflagen – und keine neue Glaubensrichtung. Klaus-Peter Klingelschmitt, 16. 8. 1996