Angst vorm Umzug nach München

Der Generali-Versicherungskonzern plant anscheinend, seine Tochter, Hamburger Volksfürsorge, zu liquidieren und nach München zu verlagern. Das könnte 2.000 Jobs kosten. Generali beteuert, dass noch nichts entschieden sei

Wer das Geschäftsgebaren der europäischen Versicherungs-Multis verfolgt, den überrascht die Nachricht nicht: Die italienische Versicherungsgruppe plant Medienberichten zufolge, seine Hamburger Tochter „Volksfürsorge“ aufzulösen und fünf Millionen Versicherungsverträge nach München zu Generali zu verlagern.

Die Folge wären für Hamburg fatal: Die 2.000 Volksfürsorge-Mitarbeiter verlieren ihren Job oder müssten umziehen. Das einst gewerkschaftliche Versicherungsunternehmen – das sich Jahrzehnte mit dem Slogan „keine Sorge Volksfürsorge“ in die Köpfe einprägte – verschwindet von der Bildfläche.

Generali ist der drittgrößte Versicherungskonzern Europas. Hauptaktionär ist die italienische Assicurazioni Generali. Vor zehn Jahren wurde der Multi in Deutschland aktiv, kaufte die Aachener-Münchner-Gruppe, zu der mittlerweile auch die Volksfürsorge gehörte. Die hatten die Gewerkschaften aufgrund von Finanzproblemen veräußert.

In Mitarbeiterbriefen dementierten gestern die Vorstände von Volksfürsorge und Generali zaghaft die Presseberichte darüber, dass schon Entscheidungen gefallen seien. „Es ist richtig, dass unsere Unternehmensgruppe auf einem guten Weg ist“, schreibt Generali-Vorstandschef Dietmar Meister an die „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Dennoch habe die „Ertragssituation auch zukünftig Priorität“. Im Klartext: Die Dividenden der Aktionäre müssen steigen. „Um diese Ziele zu erreichen, kann es notwendig sein, weitere strukturelle Veränderungen vorzunehmen“, so Meister. Deshalb seien nicht alle „Marken für immer und ewig unantastbar“.

Zurzeit diskutierten Vorstand und Aufsichtsrat neue Strategien. „Es wird natürlich intern diskutiert und geprüft. Mehr ist bisher nicht geschehen“, versichert Meister. Ob die Lage jedoch prekärer ist als Meister vorgibt, recherchieren nun der Betriebsrat und Verdi. Deren Versicherungs-Sekretär Berthold Bose sagt: „Genaues wissen wir derzeit noch nicht.“ Allerdings folgt die französischen Axa-Gruppe derzeit demselben Kurs. Sie schluckte die Ergo-Gruppe nebst Hamburg-Mannheimer und lässt ihre Marken von der Zentrale mitverwalten oder stellt sie ganz ein. KAI VON APPEN