neues ladenkollektiv
: Geschenkt ist nicht umsonst

Die Tür des Ladens steht weit offen. Zwei junge Männer schrauben davor an ihren Rädern. Sie nicken nur freundlich, wenn man eintritt. Drinnen ist niemand. Auch eine Kasse fehlt. „Bei uns kann jeder mitnehmen, was er braucht. Und vorbeibringen, was er verschenken will“, erklärt Klaus, der die Fahrradreparatur mittlerweile beendet hat. Der 22-Jährige arbeitet im Kollektiv des Schenkladens mit, der kürzlich in Friedrichshain an der Scharnweberstraße eröffnet wurde.

Schon seit fast sechs Jahren existiert der Umsonstladen in der Brunnenstraße 183 in Mitte. Bundesweit gibt es rund 20 Geschäfte, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten: Produkte wechseln ihren Besitzer – aber ohne dass dabei Geld oder andere Gegenleistungen fällig werden. Das Friedrichshainer Betreiberkollektiv will jedoch mehr als die bloße Weitergabe von Dingen. Der Laden soll zum Anlaufpunkt werden. Sprachkurse sollen dort ebenso angeboten werden wie Nachbarschaftshilfe. Deshalb legt man Wert auf ein einladendes Ambiente.

In einer Sitzecke im Eingangsraum liegen Broschüren und Zeitschriften als Leseexemplare aus. Erst im zweiten Raum findet man auf Holzregalen Bücher, Elektrogeräte und Spiele, die bisher hier abgegeben wurden. Noch ist das Sortiment überschaubar. Doch für einen größeren Andrang ist vorgesorgt. Mittlerweile wurde aus Holz eine Zwischenablage mit weiteren Regalen gebaut.

Da KontrolleurInnen und KassiererInnen im Schenkladen wegfallen, sind die MitarbeiterInnen vor allem Ansprechpartner für interessierte Besucher. Tatsächlich wächst in der Nachbarschaft das Interesse an dem Laden, und es gibt viele Fragen. Die häufigste lautet: Wie kann sich ein Laden, der nichts einnimmt, überhaupt tragen? „Die Fixkosten wie Miete, Strom und Telefon sind durch eine EU-Finanzierung im vierstelligen Bereich aus dem Topf ‚Jugend in Aktion‘ für 18 Monate gesichert“, erläutert Klaus. Langfristig will das Betreiberkollektiv den Laden durch Spenden und Patenschaften erhalten. Unter den derzeit zwölf Mitarbeitern finden sich StudentInnen, SchülerInnen, Auszubildende und Erwerbslose. Alle arbeiten hier unentgeltlich.

„Wir sind kein Abstelllager für Ramsch und Sperrmüll“, betont Klaus. Deshalb würden auch vorbeigebrachte Gegenstände kontrolliert – und aussortiert, wenn sie sich in schlechtem Zustand befinden. „Wir wollen nur Gegenstände anbieten, von denen wir denken, dass sie für Menschen noch einen Wert besitzen“, sagt Klaus.

Diese Philosophie drückt sich auch in dem Namen des Ladens aus. „Verschenkt werden Gegenstände, die man nicht mehr braucht, die aber einen Wert für einen haben.“ Die andernorts gebräuchliche Bezeichnung Umsonstladen suggeriere hingegen, dass die Dinge, die dort angeboten werden, keinen Wert mehr hätten.

Das sei allerdings keineswegs eine Distanzierung vom Umsonstladen in der Brunnenstraße, betonen die Friedrichshainer. Gemeinsam teilt man die Utopie einer geldlosen Ökonomie. Im Broschürenständer des Schenkladens liegen Aufrufe, die auf die Situation des Umsonstladens aufmerksam machen, der wegen Sanierungsplänen des Hausbesitzers in der Existenz bedroht ist. Peter Nowak

Der Schenkladen in der Scharnweberstraße 29 hat vorerst montags bis donnerstags von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Die Zeiten sollen ausgeweitet werden, wenn sich das Ladenkollektiv vergrößern sollte. Weitere Infos findet man im Internet unter www.systemfehler-berlin.de.vu