LESERINNENBRIEFE
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Glaubwürdigkeit verloren

■ betr.: „Deutschland, Libyen und die Stunde der Selbstgerechten“, taz vom 26. 8. 11

Die Nato hat maßgeblich mit ihrem Libyen-Einsatz das dortige Gaddafi-Regime gestürzt. Nun agiert Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wie ein Wendehals und lobt diesen Nato-Einsatz, den er zuvor kritisiert hat. Der politisch längst isolierte FDP-Politiker Westerwelle hat damit jegliche Glaubwürdigkeit verloren, weil er seine Meinung wie eine Fahne in den Wind hängt. Guido Westerwelle bleibt als Bundesaußenminister ein Politiker ohne Fortune und seine Ablösung in diesem Amt ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.

ALBERT ALTEN, Wernigerode

Hochgradig blamabel

■ betr.: „Deutschland, Libyen und die Stunde der Selbstgerechten“, taz vom 26. 8. 11

In einem Punkt muss ich Ulrike Winkelmann Recht geben. Außenminister Westerwelle und die Bundesregierung waren zu Beginn des Libyen-Konfliktes tatsächlich ratlos und im UN-Sicherheitsrat überfordert. Das lässt sich auch über Teile der Opposition sagen. Diese Feststellung triff nicht nur aus heutiger Sicht zu, sondern war bereits zum damaligen Zeitpunkt offensichtlich. Die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung im Weltsicherheitsrat bedeutete de facto einen Schulterschluss mit Russland und China und hat Deutschland im westlichen Bündnis sehr geschadet. Es ging dabei überhaupt nicht um den Einsatz der Bundeswehr, denn der wäre auch bei einer Zustimmung zum Nato-Einsatz nicht zwingend gewesen. Es bleibt unverständlich, warum Winkelmann sich erneut dieser Logik bedient („…da muss die Bundeswehr nicht dabei sein.“)

Was sie sonst schreibt, ist nicht viel mehr als eine Beschönigung der verfahrenen Lage, in die sich Deutschland in dieser Frage manövriert hat. Mit dem Sieg der Rebellen in Tripolis ist dem Außenminister sein Abstimmungsverhalten vom Frühjahr nun auf die Füße gefallen. So bleibt ihm jetzt nichts anderes übrig, als den Nato-Verbündeten für den Einsatz in Libyen zu danken. Dass er zu dieser Aussage von seiner Partei gedrängt werden muss, disqualifiziert ihn für sein Amt noch im besonderen Maße und ist für Merkels Regierung hochgradig blamabel. HARTMUT GRAF, Hamburg

Flüchtlingslager in Libyen

■ betr.: „Nationalrat zieht nach Tripolis“, taz vom 27. 8. 11

In dem obengenannten Bericht wird u. a. auf die Menschenrechtssituation in Libyen eingegangen, auch auf die prekäre Lage von Migranten aus Schwarzafrika, die ja auch durch das Foto drastisch vor Augen geführt wird. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um schwarzafrikanische „Gastarbeiter“, sondern auch um Flüchtlinge, vor allem aus Somalia und Eritrea, aber auch aus Nigeria und der DRK, um die sich die Teilnehmer an der AU-Gipfelkonferenz in Äthiopien sicher nicht sorgen.

Ich bin gerade dabei, für einen Artikel über eritreische Flüchtlinge zu recherchieren (der im Herbst in den Blättern des iz3w erscheinen soll), und dabei in Kontakt mit Flüchtlingen, die mit UNHCR in ein Transitlager in Rumänien gebracht wurden. Sie berichten über die skandalösen Verhältnisse in den zahlreichen Flüchtlingslagern in Libyen, die eigentlich Gefängnisse sind, wo misshandelt, vergewaltigt und Lösegeld erpresst wird. Einige dieser Lager sind Privatunternehmen, zum Teil von Polizeioffizieren.

Ich denke, bei aller Euphorie über das Ende des Gaddafi-Regimes sollte streng darauf geachtet werden, dass der Nationalrat diese Menschenrechtsverletzungen schnellstmöglich beendet. Hier sind vor allem die zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert, da die europäischen Regierungen es sicher weiterhin vorziehen, diese Zustände zu ignorieren. Sie zählen ja darauf, dass auch die neuen Machthaber mit ihnen in der Abschottungspolitik kooperieren. Und es sollte Aufgabe der kritischen Medien sein, darüber zu berichten.

EVA-MARIA BR4UCHHAUS, Köln