Aktion zum Schutz von Kindern

Schweigeminute in Neuseeland gegen Missbrauch. Die Opfer sind meist Maori

SYDNEY taz ■ Nia Glassie starb am Freitag in der neuseeländischen Stadt Auckland. Eine Woche lang lag das dreijährige Mädchen aus der Touristenstadt Rotorua mit schwersten Verletzungen am Kopf und in der Bauchgegend im Koma. Laut Ermittlungen war das Kind verprügelt, an einen Wäscheständer gehängt und in einen Trockner gesteckt worden. Die mutmaßlichen Täter sind offenbar die eigenen Verwandten.

Es sei „widerwärtig“, dass Nachbarn vom wochenlangen Missbrauch des Mädchens gewusst, aber nichts unternommen hätten, meinte Premierministerin Helen Clark am Dienstag. Laut Statistiken stirbt pro Woche ein Kind an den Folgen von Schlägen, bewusst herbeigeführten Verbrennungen und Folter oder wird schwer verletzt.

Heute um 12.12 Uhr Ortszeit soll in ganz Neuseeland eine Schweigeminute abgehalten werden. Kinderschutzorganisationen rufen alle Neuseeländerinnen und Neuseeländer dazu auf, „auf die Straße zu gehen oder das Auto anzuhalten und auszusteigen, um ein symbolisches Zeichen gegen den Missbrauch zu setzen“.

Gewalt gegen Kinder ist in erster Linie ein Problem unter Ureinwohnern, so Experten. „Es ist Zeit, dass wir aufhören, so zu tun, als ob dies nicht ein Problem der Maoris sei“, meinte der Labour-Abgeordnete Shane Jones. In einigen Familien herrsche eine Kultur „des Verdeckens von Schuld und der Kollaboration, die den langzeitigen Missbrauch von Kindern fördert“. Oft würden die Übergriffe durch übermäßigen Konsum von Alkohol und Drogen ausgelöst. Laut dem Vorsitzenden der Maori Partei, Pita Sharples, findet sich das Problem vor allem in „dysfunktionalen, armen Gemeinden“. In diesem Sektor seien Maoris besonders stark vertreten. Pro Jahr untersuchen die Behörden 30.000 Familien wegen Verdachts des Kindsmissbrauchs.

Laut den Initiatoren soll die Schweigeminute erreichen, dass „jeder ein Agent für den Schutz der Kinder wird“, so Dennis McKinley, Chef von Unicef in Neuseeland. Mehrere Wohlfahrtsorganisationen gerieten in die Kritik, weil sie im Rahmen einer Unterschriftenaktion gegen den Missbrauch mehrere Bilder der Obduktion eines getöteten Kindes veröffentlicht hatten. Die Fotos zeigen den von schwersten Verletzungen gezeichneten Körper eines von seinen Angehörigen zu Tode gefolterten dreijährigen Jungen. „Solange wir versuchen, etwas zu ändern, werden die Qualen dieses Kleinen nicht vergessen sein“, so eine Sprecherin. URS WAELTERLIN