Unverdrossener Neutöner

Jetzt wird er also in Hannovers Herrenhäuser Barock-Gärten und der gediegenen Orangerie dirigieren, und das ist schon eine feine Ironie: Ausgerechnet Ingo Metzmacher, der fanatische Verfechter Neuer Musik, der als Generalmusikdirektor sogar die konservativen Hamburger mit seinen „Who is afraid of 20th Century Music“-Silvesterkonzerten fesselte, wird ab September 2015 Leiter der Kunstfestspiele Herrenhausen.

Die waren unter Vorgängerin Elisabeth Schweeger unter anderem wegen ihres hohen Avantgarde-Anteils kritisiert worden. Daran wird sich unter Metzmacher, der zwischenzeitlich an der Amsterdamer Oper und beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin dirigierte, aber nicht viel ändern: Luigi Nono, Hans Werner Henze, Wolfgang Rihm und andere Neutöner hat er dort und an anderen internationalen Häusern erfolgreich aufgeführt. 2007 ist er allerdings vernehmlich ins Fettnäpfchen getreten, als er zum Tag der Deutschen Einheit die Kantate „Von Deutscher Seele“ des Nazi-Sympathisanten und Antisemiten Hans Pfitzner spielen ließ. Aber das ist vergessen, seine Kompetenz im Vermitteln Neuer Musik ist unbestritten, und deshalb freute sich die hannoversche Politik, ihn vor einigen Tagen als Festspielchef in spe zu präsentieren.

Und was plant der gebürtige Hannoveraner Metzmacher? Der hat schon gemurmelt, dass man den barocken Gärten ja musikalisch etwas „anderes“ gegenüberstellen könnte. Aus welcher Epoche das stammen wird, kann man sich denken, und vielleicht ist es tatsächlich geschickt, auf im Park flanierende Menschen zu setzen, die en passant mit modernen Klängen berieselt werden. Ein ähnliches Konzept hatte er 2004 in Hamburgs „Langer Nacht der Neuen Musik“ probiert. Mäßig erfolgreich, weil zu intensiv. Aber in lauer Sommerluft samt Herrenhäuser Picknick könnte das klappen.  PS