LESERINNENBRIEFE
:

Widerliche Speichelleckerei

■ betr.: „Kleine Kubakrise der Linkspartei“, „An Idealen festhalten“, taz vom 22. 8. 11

Diese Speichelleckerei gegenüber jemandem, der jede, auch linke, Opposition verfolgt, streikende Arbeiter für 30 Jahre in den Knast und Schwule zur Zwangsarbeit in den Steinbruch geschickt hat, ist widerlich. Wenn der antistalinistische, auf eine selbstbestimmte Gesellschaft zielende Anspruch der Linkspartei noch irgendwelche Glaubwürdigkeit haben soll, muss sie sich von ihren Vorsitzenden Lötzsch und Ernst schnellstens befreien.

HANNES CLASSEN, Hamburg

Vorschlag zur Güte

■ betr.: „Dokument der Dummheit“, Kommentar von Stefan Reinecke, taz vom 22. 8. 11

Ein Vorschlag zur Güte: Die taz spielt Kampagnennetzwerk und stellt das „kuriose Dokument beachtlicher Dummheit“, also das Glückwunschschreiben von Lötzsch/Ernst an Fidel Castro, ins Netz mit der Möglichkeit, es zu unterschreiben. Dann mag man abschätzen können, wie viele LeserInnen es unterstützenswert finden, der kubanischen Revolution und dem Lebenswerk von Fidel Castro Respekt zu bekunden, und sei es auch in „realsozialistischem Sound“.

Die taz war eigentlich einmal gegründet worden, um herrschender Ideologie im medialen Bereich etwas entgegenzusetzen, und sei es bei der Kommunismus- und Mauerdebatte oder der Solidarität mit den revolutionären Bewegungen in Lateinamerika. Vorgeblich geißelt Reinecke zwar nur taktische Ungeschicklichkeit der Linken im Vorfeld von Landtagswahlen, in Wirklichkeit aber sollen politische Inhalte denunziert und in die Rumpelkammer der Geschichte verwiesen werden. MICHAEL STOFFELS, Kempen

Geht es um Eintrittsgeld?

■ betr.: „Endlich“, „Westerwelle weiß, was zu tun ist“ u. a.taz vom 23. 8. 11

Nun wird der Sieg der Nato gefeiert. Mit fast 20.000 Luftangriffen, an denen mit der Zielauswahl auch Bundeswehrsoldaten beteiligt waren, ist es gelungen, die sogenannten Aufständischen bis Tripolis zu bringen, ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Opfer auf beiden Seiten. Mit diesem Nato-Sieg geht eine hohe Niederlage der UNO einher. Sie wurde besonders von Frankreich, Großbritannien und den USA mit Hilfe der Resolution 1973 dazu missbraucht, sich eine Ermächtigung zum Angriffskrieg zu verschaffen. Alle Versuche, besonders von afrikanischen Staaten aus, eine friedliche Lösung herbeizuführen, wurden arrogant beiseitegeschoben.

Nun verspricht Außenminister Guido Westerwelle eine deutsche Wiederaufbauhilfe in Höhe von 100 Millionen Euro. Wozu eigentlich, wo doch allein auf deutschen Banken etwa sieben Milliarden Euro Libyens liegen? Es kann in Wahrheit nur um ein Eintrittsgeld gehen, damit auch Deutschland etwas vom libyschen Öl erhält, das jetzt als Beute verteilt wird. HARTMUT DREWES, Bremen

Menschenrechte höher gewichten

■ betr.: „Rebellen erobern Gaddafi-Palast“, taz vom 24. 8. 11

Die ganze Herrscherfamilie Gaddafi, und in erster Linie der Diktator, gehören vor den internationalen Gerichtshof und ich hoffe, dass dies so eintreffen wird.

Natürlich haben vor allem die Libyer unter diesem Despoten gelitten, doch es ist auch notwendig, dass die ganze Geschichte mit den westlichen Verflechtungen zum libyschen Verbrecherregime aufgearbeitet wird. Viel zu lange haben wir im Westen gute Miene zum bösen Spiel gemacht und das libysche Erdöl importiert. Zynisch heißt dies wohl Realpolitik. Trotzdem gibt es Alternativen dazu. Fangen wir endlich an, die Menschenrechte höher zu gewichten als unseren materiellen Wohlstand, dann ändert sich auch die Realpolitik.

PASCAL MERZ, Sursee, Schweiz

Menschenwürde missachtet

■ betr.: „Geraubt – verkauft – ‚adoptiert‘“, taz vom 15. 8. 11

„Adoptiert“ ist in dieser Überschrift in Anführungszeichen gesetzt, „verkauft“ aber nicht. Wenn aber Menschen dank ihrer Menschenwürde grundsätzlich nie Ware sein können, dann können sie auch nicht „verkauft“ werden und es kann weder „Menschenhandel“ noch „Menschenhändler“ geben.

Das heißt: Die Bezeichnung „Menschenhandel“ muss, obgleich der Begriff im Strafgesetzbuch noch als stehende juristische Formel verwendet wird, durch Begriffe wie „Zwangsprostitution“, „Zwangsadoption“ oder „Zwangsarbeit“, im Speziellen auch „Entführung“, „Nötigung“, „Betrug“ usw. ersetzt werden. Die bisher üblichen Bezeichnungen missachten schon sprachlich die Menschenwürde der Betroffenen. WOLFGANG TOMAŠEK, Metten