Für 660.000 ist kein Ruhestand in Sicht

ALTER Immer mehr Rentner gehen arbeiten oder sind auf Sozialleistungen angewiesen. Bundesregierung sieht keine akute Altersarmut

BERLIN dapd/epd | Immer mehr Rentner in Deutschland müssen für ihren Lebensunterhalt noch arbeiten oder die staatliche Grundsicherung beantragen. Das berichtet die Saarbrücker Zeitung am Montag unter Berufung auf Zahlen des Bundesarbeitsministeriums. Danach waren im vergangenen Jahr etwa 660.000 Menschen im Alter zwischen 65 und 74 Jahren einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) nachgegangen. Im Jahr 2000 seien es noch 416.000 gewesen. Der Anteil der geringfügig jobbenden Rentner nahm demnach seit 2000 von 3 auf 3,9 Prozent aller Rentner zu. Das Ministerium warnte derweil vor einer Fehlinterpretation dieser Zahlen.

Eine Ministeriumssprecherin verwies in Berlin darauf, dass innerhalb eines Jahrzehnt die Zahl der Rentner um zwei Millionen gestiegen sei. Insofern sei der Zuwachs bei den Senioren, die etwas dazuverdienten, „nicht so gravierend“. Zudem gebe es viele Menschen, die auch nach dem Einstieg in die Rente noch nicht aus dem Arbeitsleben aussteigen wollten.

Zugleich relativierte die Sprecherin die Zahl der über 65-Jährigen, die staatliche Grundsicherung erhielten. Diese war von 258.000 im Jahr 2003 auf 400.000 im Jahr 2009 gestiegen. „Akut gibt es keine Altersarmut“, sagte sie. Daher sei auch ein Mindestlohn für die Bundesregierung derzeit „kein Thema“.

Der Linke-Abgeordnete Matthias W. Birkwald, auf den die Antworten der Regierung zurückgehen, hatte kritisiert, dass prekäre Arbeit direkt in die Altersarmut führe. Er forderte die Abschaffung aller Rentenkürzungsfaktoren und auch eine Rücknahme der Rente mit 67. Zudem sollten in der Rentenversicherung wieder Mindestentgeltpunkte für Langzeitarbeitslose und Niedrigverdiener eingeführt werden. Birkwald sagte: „Ruhestand war gestern, malochen bis zum Tode heißt heute das Schicksal von immer mehr Rentnerinnen und Rentnern.“