Null Ball, null Mut, null Punkte

ZWEITE LIGA Im Spiel gegen den SV Darmstadt bestraft ein spätes Gegentor die Defensivstrategie des abstiegsbedrohten FC St. Pauli

70 Minuten musste Christian Matheina warten. Dann hielt der Torwart des SV Darmstadt einen harmlosen 35-Meter-Aufsetzer des Hamburger Mittelfeldspieler Sebastian Maier fest. Es blieb seine einzige Tat – 93 zähe Minuten musste sich Matheina gestern mit Dehnübungen warmhalten. Der Grund: Thomas Meggle hatte Defensivfußball verordnet. Der Trainer des FC St. Pauli hatte in den letzten Tagen fast ausschließlich Abwehrarbeit üben lassen.

Während Erfolgsmannschaften wie Bayern München den Schlüssel zum Erfolg derzeit hauptsächlich in möglichst ausgiebigem Ballbesitz sehen, hatte Meggle die Seinen also auf die Gegenstrategie eingeschworen: Die Gäste sollten sie ihr Spiel machen lassen, hinten sicher stehen und nur sporadisch per Konter die Initiative ergreifen. „Mal sehen, was eine Mannschaft, die nur 40 Prozent Ballbesitz gewohnt ist, mit 60 Prozent Ballbesitz anfängt“, hatte der Coach des Tabellenletzten verkündet.

Viel war es nicht, was die Darmstädter mit dem hergeschenkten Ball anzufangen wussten – aber doch genug: Drei Mal brachten die Gäste in der ersten Halbzeit die Abwehr der Gastgeber in Verlegenheit. Aber jedes Mal kamen die Darmstädter Spitzen einen halben Schritt zu spät, um den Ball auch über die Torlinie zu bugsieren. Da die Hamburger ihrerseits alle Offensivbemühungen verweigerten und nur einmal – in Gestalt von Ante Budemir – gefährlich im Darmstädter Strafraum auftauchten, wurde kein Torhüter bis zur Halbzeit gefordert.

Schlecht im Multitasking

Auch nach dem Wiederanpfiff bewies die Mannschaft des FC St. Pauli eine gewisse Unfähigkeit zum Multitasking. Hatten die Spieler vor Wochenfrist in Bochum noch die Abwehrarbeit vernachlässigt, sodass nicht mal drei Tore zum Sieg reichten, verteidigten sie diesmal zwar passabel – blieben aber ohne eigene Chance. „Wir haben den Jungs ja nicht verboten, die Konter zu Ende zu spielen“, kritisierte Meggle dieses „mutlose“ Agieren: „Wir waren offenbar so mit der Defensive beschäftigt, dass wir an die Offensive nicht mehr gedacht haben.“

Die Darmstädter hingegen bespielten den Abwehrblock der Hamburger geduldig, warteten auf deren Fehler – und wurden belohnt, als beide Mannschaften sich schon mit einer Doppelnullnummer abgefunden hatten: Fünf Minuten vor Schluss verlor Maier auf der rechten Seite den Ball an seinen Gegenspieler. Hamburgs Innenverteidigung legte die in den Strafraum geschlagene Kugel direkt auf den Fuß von Fabian Holland ab, der aus fünf Metern an Keeper Robin Himmelmann vorbei traf. „Ein Murmeltor“, befand Pauli-Trainer Meggle. Wer sich aber keine einzige Möglichkeit erarbeitet, der hat eben auch keine Chance auf die Siegermurmel.  MAC