Erster Ausstand bei Otto

Tarifkonflikt im Hamburger Einzelhandel wird jetzt verschärft. Töchterfirmen des Otto-Versands gestern bestreikt. Wichtigste Streitpunkte sind Nacht- und Spätzuschläge für Teilzeitbeschäftigte

Der Tarifstreit im Hamburger Einzelhandel hat sich seit gestern mit ersten Streiks verschärft. Am Morgen legten rund 4.000 Beschäftigte einer Tochterfirma des Versandhauskonzerns Otto in Hamburg die Arbeit nieder, teilte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit. „Der Streik wird auf die Kunden keine Auswirkungen haben“, behauptete jedoch der Geschäftsführer der Hermes Warehousing Solutions (HWS), Dieter Urbanke.

Die HWS-Betriebe in der Hansestadt sowie in Haldensleben (Sachsen-Anhalt) sind unter anderem für Wareneinlagerung und Warenausgang kleinerer Artikel des Otto-Versandgeschäfts in Deutschland zuständig. Die Einzelhandelsbranche hat in der Hansestadt rund 56.000 Mitarbeiter.

Grund für den härter gewordenen Arbeitskampf sind die festgefahrenen Tarifverhandlungen, bei denen sich die Spät- und Nachtzuschläge als Knackpunkt herauskristallisiert haben. Während die Arbeitgeber angesichts der frei wählbaren Ladenöffnungs- und Schlusszeiten diese Leistungen abschaffen wollen, lehnt die Gewerkschaft dieses Vorhaben strikt ab. Durch die Zuschläge könne am ehesten die Belastung für Arbeit zu ungünstigen Zeiten ausgeglichen werden, argumentiert Verdi.

Die Arbeitnehmervertreter fordern rund 5,0 Prozent höhere Gehälter, mindestens aber 100 Euro monatlich mehr. Die Hamburger Arbeitgeber haben noch kein Angebot vorgelegt. Sie haben nach eigenen Angaben Verdi Termine für einen dritten Verhandlungsanlauf erst nach der Urlaubszeit Anfang September vorschlagen können. „Wir wollen jetzt verhandeln und ein Ergebnis und nicht erst in zwei Monaten“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Ulrich Meinecke.

Die Gewerkschaft rief an beiden HWS-Standorten mit je rund 2.000 Mitarbeitern ihre Mitglieder zum Ausstand auf. In Hamburg zogen die Beschäftigten der Frühschicht nach einer Kundgebung zum Streiklokal, dort sollten sich auch die Mitarbeiter der Spätschicht versammeln. Sie arbeiten überwiegend in Teilzeit. Dadurch kämen die Beschäftigten „kaum über die Runden, und die erwartete Flexibilität lasse auch keinen Nebenjob zu“, sagte Meinecke.

HWS-Geschäftsführer Urbanke verwies darauf, dass Teilzeitarbeit nicht wie Vollzeitarbeit entlohnt werde könne. Die HWS habe 2006 einen noch gültigen Ergänzungstarifvertrag geschlossen. In der Tarifauseinandersetzung sei die Firma daher nur „ein Spieler am Rande“, ergänzte Urbanke. Die Arbeitgeber hatten den Manteltarifvertrag der Branche gekündigt, um über Zusatzleistungen verhandeln zu können. AK/DPA