Bewegung für Daddelkinder

HIGHTECH-SPIELPLATZ In der Bellealliancestraße steht der größte Energiespielplatz Deutschlands. Dort werden klassische Spielelemente mit Technik verknüpft

„Das Beste ist, dass alles schnell und elektrisch ist“

Sevilay, 11 Jahre

VON LAURA LEPPLE

Ratlos steht Marc Villareal vor dem „Swirl“. Groß und silbern steht das Spielgerät auf dem gelb-roten Tartanboden – und ist alles außer selbsterklärend, zumindest für Erwachsene. Während sein vierjähriger Sohn Munjo einfach auf das Drehkreuz klettert, studiert Marc Villareal erst mal die Spielanleitung. Drei Teams sollen je eine Farbe wählen, steht da. Je ein Spieler des Teams soll sich dann mit den Geräten drehen, so wird der Strom erzeugt, der die „Buzzer“ genannten Summer zum Leuchten bringt. Diese müssen dann innerhalb von 60 Sekunden gedrückt werden. Das Team, das die meisten Buzzer gedrückt hat, gewinnt. „So richtig bin ich da noch nicht durchgestiegen“, sagt Villareal.

Seit Ende Juni steht Hamburgs erster Energiespielplatz in der Eimsbütteler Bellealliancestraße. Er ist der größte von insgesamt drei Energiespielplätzen in Deutschland. Im Gegensatz zu herkömmlichen Spielplätzen ist hier Teamarbeit gefragt. Neben klassischen Kletterelementen ist auch elektronischer Schnickschnack eingearbeitet: Auf Displays werden Spiele angezeigt, man kann mit virtuellen Murmeln und Luftballons spielen, die durch das Gruppenspiel freigeschaltet werden.

„Wir wollen mit unseren Geräten gezielt auf die veränderten Spielweisen von Kindern eingehen“, sagt Harald Hartig vom Gerätehersteller Kompan. „Das heißt auch, dass wir die etwas mopsigen Kinder, die früher nur mit dem Nintendo nebendran saßen, mehr ins Boot holen wollen.“

Konzipiert ist der Spielplatz für Kinder ab acht Jahren, aber es sind auch etliche jüngere Kinder da. So wie die vierjährige Karla aus Altona, die heute zum ersten Mal in der Bellealliancestraße spielt. Ihre Mutter Ulrike Lange hatte von diesem besonderen Spielplatz gehört: „Vieles ist aber doch noch zu schwer für sie.“ Die beiden setzen sich lieber mit Pixi-Buch und Apfelschnitzchen an den Rand.

„Mama, dreh mich schnell“, ruft der fünfjährige Nico einmal quer über den Platz und erntet ein Kopfschütteln von seiner Mutter. Die Antwort folgt prompt von einem blonden Mädchen mit zwei Zöpfen, das auf dem Drehkreuz gegenüber Platz genommen hat: „Ey Junge, dreh dich doch selber!“

Die 13-jährige Sarah war schon häufig hier. Geschickt wippt sie auf dem Tritt vor dem Monitor. Je schneller sie wippt, desto mehr Zeit bekommt sie, um die leuchtenden Buzzer auszudrücken. Mehrmals in der Woche geht das Mädchen aus Stellingen nach der Schule zu ihrer Oma. Nach dem Mittagessen machen sich die beiden dann auf zum Spielplatz. Von der Apostelkirche, neben der Oma Hella Reinhardt wohnt, sind es nur zwei Stationen bis zur Haltestelle Christuskirche. Hella Reinhardt war auch schon auf dem Spielplatz, als die Buzzer noch Geräusche machten. Drei Tage nach der Eröffnung Ende Juni wurden die jedoch wieder abgeschaltet, Anwohnern waren die ständigen Buzzermeldungen auf die Nerven gegangen. „Dabei ist doch der Kinderlärm mindestens genauso laut“, sagt Hella Reinhardt.

„Uns fällt gar nicht auf, dass die Töne weg sind“, sagen die beiden elfjährigen Freundinnen Sevilay und Lara. Viel wichtiger ist ihnen, dass die Computer funktionieren. „Das Tolle an diesem Spielplatz ist, dass es um Schnelligkeit geht und vieles elektrisch ist“, sagt Sevilay. In den Ferien waren die beiden Sechstklässlerinnen häufig hier, eine Alternative zum Freibad in diesem verregneten Sommer. Aber auch jetzt, da sie wieder zur Schule in die Altonaer Straße müssen, schauen die beiden nachmittags noch oft auf dem Spielplatz vorbei. Solange bis ihre Handys klingeln und die Mütter zum Abendessen rufen.

Munjo und Marc Villareal haben die High-Tech-Geräte mittlerweile hinter sich gelassen. Sie kicken auf dem kleinen eingezäunten Bolzplatz, der an den Spielplatz angegliedert ist – ganz wie früher.