Sachsen kappt den Denkmalschutz

Experten aus dem In- und Ausland warnen vor der geplanten Auflösung des zuständigen Landesamts. Sie befürchten mehr Nachgiebigkeit gegenüber dem Druck von Investoren

DRESDEN taz ■ In Sachsen droht eine Demontage der Denkmalpflege. Im Zuge der Gebiets- und Funktionalreform soll das Landesamt für Denkmalpflege zu einer bloßen Abteilung des bisherigen Regierungspräsidiums Dresden herabgestuft werden, das künftig Landesdirektion heißen soll. Wichtige Aufgaben wie die Vergabe von Fördermitteln und die Ausstellung von Steuerbescheinigungen für die Denkmaleigentümer sollen auf die Kommunen übertragen werden.

Die Pläne der sächsischen Staatsregierung folgen der Generallinie, Landessonderbehören möglichst abzuschaffen und bisher zentral wahrgenommene Aufgaben zu kommunalisieren. Angeblich sollen dadurch „Effizienzrenditen“ von 25 bis 30 Prozent erzielt werden. Analoge Vorhaben gibt es etwa bei den Umweltverwaltungen. Mehrere ostdeutsche Bundesländer passen derzeit die Verwaltungsstrukturen der sinkenden Einwohnerzahl an.

Von der Öffentlichkeit unbemerkt, regte sich erster Widerstand gegen die sächsischen Pläne bereits Ende Februar. Icomos, der internationale Rat für Denkmalpflege, schrieb an Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) in „großer Sorge um den Fortbestand der bisher doch höchst verdienstvollen Arbeit der staatlichen Denkmalpflege in Sachsen“. Präsident Michael Petzet befürchtet, das traditionsreiche Landesamt solle „offenbar als unabhängiger Anwalt des sächsischen Kulturerbes ausgeschaltet werden“. Der sächsische Kultursenat äußerte sich ähnlich, elf Professoren der Technischen Universität Dresden schrieben ebenfalls an die Staatsregierung.

Die Experten befürchten, dass die Fördermittelvergabe für Denkmaleigentümer künftig von der Beurteilung der fachlichen Qualität und Nachhaltigkeit abgekoppelt wird. Die im Landesamt gebündelte Kompetenz lasse sich auch nicht beliebig dezentralisieren, weil dann mehr Stellen für Spezialisten geschaffen werden müssten.

Heftige Proteste gab es auch auf einer von der grünen Landtagsfraktion initiierten Podiumsdiskussion vor zwei Wochen. Man wolle nur unbequeme Leute beseitigen, die Investoren und Immobilieninteressenten stören, so der Tenor. Der frühere Stasi-Landesbeauftragte Fritz Arendt, selbst Miteigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes, verglich die Pläne sogar mit Zuständen in der DDR: „Vernünftige Regelkreise werden außer Kraft gesetzt zugunsten eines administrativen Eingriffs.“ Das geschichtliche Argument spielt in Sachsen eine wichtige Rolle. Die „Kommission zur Erhaltung der Kulturdenkmäler“, das spätere Landesamt, wurde bereits 1894 gegründet und überstand zwei Diktaturen.

Gerhard Eichhorn, Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, sprach von einer „gezielten Schwächung“ der sächsischen Denkmalpflege im Vergleich zu anderen Bundesländern. „Keine Projektförderung unserer Stiftung läuft ohne intensive Begleitung der Landesämter.“ Er frage sich auch, warum in Sachsen entgegen dem Bundestrend einer Zusammenlegung von Archäologie und Denkmalpflege das Landesamt für Archäologie seinen Sonderstatus behalten solle.

Im Sächsischen Landtag äußerte sich mittlerweile der CDU-Kulturpolitiker und frühere Justizminister Steffen Heitmann optimistisch, dass die bewährten Denkmalpflegestrukturen erhalten werden können. „Das Landesamt hat eine solche Degradierung nicht verdient“, sagte Heitmann. In der Absicht, die Pläne der Staatsregierung zu korrigieren, wisse er sich nicht nur mit den Kulturpolitikern aller Parteien einig, sondern auch mit der Unionsfraktion. Im September sind dazu Anhörungen im laufenden parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren geplant.

MICHAEL BARTSCH