Das schlechte Geschäft mit der Bahn
: KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER

Vieles hat der Staat schon verscherbelt: die Telekom, die Post, sogar Wasserversorger. Damit hat er vorrangig die Interessen der Kapitalanleger bedient, die auf der Suche nach renditeträchtigen Objekten sind. Neuestes Opfer des Privatisierungswahns ist die Deutsche Bahn. Ihre Privatisierung, die die große Koalition gegen Widerstände auch in den eigenen Reihen durchsetzen will, ist nicht nur das größte verkehrspolitische Vorhaben dieser Legislaturperiode. Es ist auch ihr größter Skandal.

Zunächst ist da der lächerlich geringe Verkaufserlös, der erwartet wird. Für 5 Milliarden Euro soll ein Viertel eines Unternehmens verramscht werden, das heute rund 180 Milliarden Euro wert ist. Begründet wird dieses aberwitzige Geschäft damit, dass die Bahn Geld für Investitionen sowie für Expansionen im Ausland nötig hat. Selbstverständlich kann die Bahn frisches Kapital gebrauchen, aber solch schlechte Konditionen verbieten sich von selbst.

Wenig beruhigen kann zudem das Argument von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), es handele sich nur um eine Teilprivatisierung. Auch Miteigentümern der Bahn geht es vor allem um eines: eine hohe Rendite. Im Land Berlin kann man dies am Beispiel der Wasserbetriebe studieren, die nach ihrer Teilprivatisierung die Wassergebühren kräftig anhoben. Auch die Bahn wird versuchen, ihre Gewinnerwartungen durch Maßnahmen zu erhöhen, die Kunden und Arbeitnehmer schaden werden. Heißt: weniger Service und Personal auf den Bahnhöfen, Stilllegung unrentabler Strecken, längere Dienstzeiten und niedrigere Löhne für die Mitarbeiter. Nicht zufällig wollen die Lokführer gerade jetzt noch einmal für kräftige Gehaltserhöhungen streiken.

Das entscheidende Argument gegen die Privatisierung aber ist ein anderes: Ohne erkennbaren Nutzen will der Staat Macht und Einfluss in der Bahn- und Verkehrspolitik aufgeben. Alle reden von Klimaschutz – aber die Regierung will das klimafreundlichste Verkehrsmittel, die Bahn, den Investoren zum Fraß vorwerfen. Diese werden sich nicht für die Erreichbarkeit ländlicher Regionen interessieren, die vom Autoverkehr abhängig sind, sondern nur für ihren Gewinn.