Mordkomplott gegen Boris Beresowski?

„Sun“: Auftragsmörder sollte den russischen Oligarchen im Hilton Hotel in der Londoner Innenstadt erschießen

DUBLIN taz ■ Auf den im Londoner Exil lebenden russischen Geschäftsmann Boris Beresowski ist ein Mordanschlag verübt worden. Das behauptet das Boulevardblatt Sun unter Berufung auf „polizeiliche Quellen“. Demnach habe die Antiterrorismuseinheit von Scotland Yard vor drei Wochen von den Anschlagsplänen Wind bekommen und Beresowski ins Ausland geschickt. Nach einer Woche erklärte man ihm, er könne zurückkehren.

Laut Sun hat die Polizei den mutmaßlichen Attentäter, der vom Kreml angeheuert worden sei, bewacht und ihn beim Waffenkauf beobachtet. Er habe dann versucht, Beresowski ins Hilton Hotel in der Londoner Park Lane zu locken, um ihn zu erschießen. Er sei in Begleitung eines Kindes gewesen, um nicht aufzufallen. Scotland Yard habe im benachbarten Zimmer auf ihn gewartet und ihn verhaftet.

Die Polizei gibt keinen Kommentar ab, und auch Beresowski wollte keine Einzelheiten preisgeben. Er sagte jedoch, dass er vor den Hinweisen von Scotland Yard von jemandem aus Russland erfahren habe, dass er umgebracht werden solle.

Beresowski ist eine undurchsichtige Figur. Der Mathematiker hatte Ende der Achtzigerjahre in Moskau viel Geld mit dem Import von Autos der Marke Mercedes gemacht. Schon damals trachtete man ihm nach dem Leben. Die russische Mafia sprengte sein Auto, sein Chauffeur starb, Beresowski erlitt schwere Verbrennungen.

Als der damalige russische Präsident Boris Jelzin Mitte der Neunzigerjahre begann, Staatsbetriebe zu privatisieren, übernahm Beresowski mit Roman Abramowitsch, heute Besitzer des Fußballclubs Chelsea, die Ölfirma Sibneft, die später in Gazprom Neft umbenannt wurde. 1997 verkaufte er seine Anteile für rund 1,3 Milliarden Euro.

Er war Hauptaktionär des größten TV-Senders ORT, der Jelzin und danach Putin unterstützte. Beresowski gehörte zum inneren Kreis um Putin. Als dieser Untersuchungen einleitete, um herauszufinden, wie Beresowski und andere Milliardäre zu ihrem Geld gekommen waren, zerstritten sie sich. Als Beresowski wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung angeklagt werden sollte, floh er 2000 nach London und erhielt Asyl.

Dort finanzierte er russische Exilanten und Putin-Gegner, darunter auch Alexander Litvinenko, der im November 2006 mit dem radioaktiven Polonium-210 getötet wurde. Moskau hat die Auslieferung des Tatverdächtigen Andrei Logowoi abgelehnt. Daraufhin wies London vorgestern vier russische Diplomaten aus. RALF SOTSCHECK