LESERINNENBRIEFE
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NRW-Schulreform ist Scheinlösung

■ betr.: „Wir stärken den Elternwillen“, Interview mit Sylvia Löhrmann, grüne NRW-Schulministerin, taz vom 4. 8. 11

„Wir stärken den Elternwillen.“ Diese Aussage Löhrmanns ist geradezu eklatant. Indem sie diese Aussage tätigt, versucht sie darüber hinwegzutäuschen, dass bei der Schulreform letztendlich ein Erhalt des Gymnasiums und denen mit dieser Schulform einhergehenden Bildungsprivilegien Vorrang hat, während die Sekundarschule einen minimalen Kompromiss darstellt, um sich der Kritik am selektiven Schulsystem zu entziehen.

Bei der Schulreform in NRW handelt es sich um eine Scheinlösung, die die Reproduktion sozialer Ungleichheit und die Bewahrung von Bildungsprivilegien einschließlich dem Herstellen sozialer Schließungen für eine exklusive Gruppe an Eltern und ihren Kindern verdecken soll.Durch das Festhalten am Gymnasium wird ein klares Zeichen gesetzt: Eine Demokratisierung des Schulsystems ist nicht gewollt. Ob die Regierung in NRW durch die Schulreform die Interessen der Allgemeinheit der Eltern und Kinder durchsetzt, ist fragwürdig. FIONA KENNEDY, Oberhausen

Die Hoffnungslosigkeit wächst

■ betr.: „Die Hoffnung wächst mit jeder Flasche“, sonntaz v. 6. 8. 11

Hoffnung wächst bei den vielen, die mittlerweile in ganz Deutschland unterwegs sind, um einen kleinen Erlös aus den in Abfallbehältern und anderswo auffindbaren Pfandflaschen zu ziehen, wohl kaum. Es wäre gut gewesen, in dem Artikel wenigstens ansatzweise die Gründe für dieses eher Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit auslösende Phänomen aufzuzeigen.

Hier geht es doch wohl auch um die Folgen der rot-grünen Politik der Regierung Schröder/Trittin. Auf der einen Seite wurde die Verarmung von immer mehr Menschen durch die Hartz-IV-Gesetze und die steuerliche Begünstigung der Wohlhabenden befördert. Andererseits wurde als bizarre Kompensation durch das Pfandsystem die Suche nach Flaschen als durch die Betroffenen selbst organisierte „Armutsbekämpfung“ ermöglicht. Auch die jetzt regierenden Parteien sind zufrieden, da sich ja auf diese Weise mit den erzielten drei Euro pro Tag für den Sammler bewahrheitet, dass sich bei uns „Leistung wieder lohnt“.

Allerdings auch nur, wenn man sich dann bei dieser Arbeit nicht von den Behörden erwischen lässt. Die könnten ihn zu einem mit einer Steuernummer versehenden Selbstständigen erklären, dem man den Hartz-IV-Satz dann auch noch herabsetzen könnte.

PETER GBIORCZYK, Hannover

Artikel 1 Grundgesetz

■ betr.: „Ja schon, aber …“, taz vom 5. 8. 11

So ist ist das mit den Deutschen. Immer gerne zu mehr Gerechtigkeit, Fairness und Menschenrechten aufrufen. In den USA, in China, in Libyen. Aber letztendlich manchmal selber unter der eigenen Würde liegen und Gäfgen die universellen Menschenrechte aberkennen wollen. Aus diesem Grund möchte ich kurz einen Artikel im Grundgesetz präsentieren, den eigentlich jede und jeder Deutsche kennen sollte.

Artikel 1, Grundgesetz. (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Der Artikel garantiert allen Menschen würdig leben zu dürfen. Er will Weltfrieden, dieser Artikel. Er will Gerechtigkeit und Gemeinschaft. Er ist das Beste was wir an Gesetzen haben. Dieser eine Artikel ist einer, der keiner Verhältnismäßigkeit unterworfen ist und auf dem unsere gesamte Gesetzgebung und Rechtsprechung gestützt ist. Und vor allem ist dieser Artikel so wichtig, dass die Väter und Mütter unserer Verfassung ihn auf ewig vor Veränderung, Außerkraftsetzung und Streichung geschützt haben. JOEL KEILHAUER, Zwiesel

Ein Lichtblick

■ betr.: „Unpopulär, aber richtig“, taz vom 5. 8. 11

Guter Kommentar, besonders im Hinblick auf die drohenden Gefahren bei Tolerierung der Folter. Ein Lichtblick angesichts der widerlichen Hetze von Bild und Co. in diesem Fall. FRITZ WERNER, Verden-Borstel

Nicht mit dem Strick spielen

■ betr.: „Unpopulär, aber richtig“, „verboten“, taz vom 5. 8. 11

Klug und erhellend, der Kommentar von Christian Rath zum neuesten Urteil im Fall Gäfgen. Für solche Berichterstattung und Kommentierung schätze ich die taz.

Und dann, gleich daneben, diese Idiotie von F. J. Wagner in „verboten“. Das ist unter aller Sau. Ironische Bemerkungen können ja Erkenntniswert haben oder Unterhaltungswert. Aber diese Zeilen sind nur dumm, platt, hirnlos. Ich will in der taz so was nicht haben, was nach Kotze aus der Boulevardpresse stinkt. Man soll auch nicht mit einem „Strick“ spielen, solcherlei Andeutungen gibt’s am rechten Rand, schlimm genug. Widerlich. ULRICH HENTSCHEL, Leer