Im Namen seines Volkes

ÄGYPTEN Mubarak vor Gericht: Am Mittwoch begann der erste Prozess in einem arabischen Land gegen einen früheren Machthaber, der von den eigenen Landsleuten gestürzt wurde

KAIRO rtr | Ägyptens Expräsident Husni Mubarak hat zu Beginn seines Prozesses eine Verstrickung in die Tötung von Demonstranten während des Aufstands bestritten. „Ich weise alle diese Vorwürfe vollständig zurück“, sagte der 83-Jährige am Mittwoch in Kairo – ein knappes halbes Jahr nach seinem Sturz.

Das Verfahren gegen Mubarak, der sein Land 30 Jahre mit harter Hand regiert hat, ist der Lackmustest für die neue Führung und wird von den Ägyptern kritisch beobachtet. Auch in anderen arabischen Ländern, in denen Demonstranten einen politischen Wechsel fordern, wird der Prozess Widerhall finden. Mubarak wird von der Anklage auch Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Ihm droht die Todesstrafe.

Der Staatsanwalt warf Mubarak vor, er habe seinem Innenminister Habib al-Adli erlaubt, scharfe Munition gegen die Demonstranten einzusetzen. Rund 850 Menschen wurden während des Aufstands getötet, mehr als 6.000 verletzt. Adli muss sich deshalb ebenfalls vor Gericht verantworten. Mubarak „hatte die Absicht, eine ganze Reihe von Demonstranten in verschiedenen Gouvernements zu töten, die friedliche Kundgebungen gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen abgehalten haben“, sagte der Staatsanwalt.

Mubaraks Prozess, der am 15. August fortgesetzt wird, ist ohne Beispiel: Der tunesische Expräsident Zine al-Abidine Ben Ali, der erste arabische Herrscher, den das Volk im Frühjahr aus dem Amt verjagt hatte, wurde in Abwesenheit verurteilt. Ben Ali war nach Saudi-Arabien geflohen. Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh liegt, ebenfalls in Saudi-Arabien, in einem Krankenhaus. Und der 2006 hingerichtete irakische Diktator Saddam Hussein wurde nicht von seinem Volk gestürzt, sondern durch ein von den USA geführtes Militärbündnis.

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