Knallbunt und putzig

Trend Das taiwanische Nationalgetränk in der deutschen Hauptstadt: Wird der Tee mit den kleinen klebrig-glitschigen schwarzen Perlen das neue Kultgetränk?

Alles ist knallbunt, poppig und kitschig – so wie vieles aus Taiwan

VON WEIXIN ZHA

Gegenüber der S-Bahn-Haltestelle Alexanderplatz steht eine kleine Schlange Jugendlicher vor dem Lädchen BoboQ, das unscheinbar in der Nische eines grauen DDR-Hochhauses versteckt ist. Nur eine weiße Standfahne vor dem Laden – knallorange mit grünen Blättern – verrät, was es hier gibt: Bubble Milk Tea. Ein süßes Teegetränk mit kaubarem Inhalt. Sowohl für das Getränk als auch die Kügelchen gibt es Unmengen an Sorten, die man kombinieren kann.

„Die Perlen schmecken schon ganz interessant“, sagt Sandra Bengsch aus Lübeck nach dem ersten Schluck und betrachtet neugierig den Inhalt ihres Plastikbechers. Darin schwimmen leicht transparente, rosa Kügelchen mit Erdbeeraroma im orangenen Grüntee mit Pfirsichgeschmack. Der Peach-Green-Tea ist die erste Begegnung der 18-Jährigen mit dem Getränk von der ostasiatischen Insel Taiwan. „Mein taiwanischer Freund hat’s mir mal empfohlen, für mich ist es einfach etwas Neues“, erzählt Sandras Freund, Andreas Köllner, und nimmt einen ordentlichen Schluck des Getränks, das in diesem Laden als „QQ Milk Tea“ firmiert. Mit der Flüssigkeit wandern die schwarzen Tapioka-Perlen zusammen durch den extra dicken Strohhalm hoch zu seinen Lippen.

Die Perlen werden meist mit der Stärke von Wurzelfrüchten wie der Tapioka oder der Süßkartoffel hergestellt. Ihr Name lautet „QQ“. „Q“ ist eine Verballhornung des englischen Wortes „cute“ für süß im Sinne von niedlich sowie ein chinesisches Modewort unter jungen Leuten für die verschiedensten putzigen Dinge des Lebens. Dazu kommt, dass Dinge im Chinesischen verniedlicht werden, indem man ihren Namen verdoppelt. Einen niedlicheren Namen für die Tapioka-Perlen gibt es also kaum. Ebenso putzig ist die Aufmachung, in der das Getränk verkauft wird. Der Laden, der Becher, die Strohhalme: Alles ist knallbunt, poppig und kitschig – so wie vieles aus Taiwan. So ist nicht verwunderlich, dass viele der Gäste Asiaten sind.

So wie Peggy Lin. Sie hält einen schlichten Bubble Milk Tea in der Hand. Trotz der vielen Geschmackssorten im Angebot – Litschi-Grüntee, Erdbeer-Schwarztee oder Caramel-Milchtee – findet die 22-jährige Taiwanesin Milchtee Natur mit den schwarzen Tapioka-Perlen immer noch am besten. Ihr gefällt, dass in Berlin das Getränk noch mit echter Frischmilch zubereitet wird – statt mit Milchpulver, wie in ihrer Heimat Taiwan üblich. Ein wenig wundert sie sich allerdings über die kleine Menschenschlange vor dem Laden. In ihrer Heimat ist das Getränk so üblich wie ein „Coffee to go“, das vor allem Kinder und junge Leute trinken. „Bubble-Milk Tea wird bei uns oft an kleinen Ständen oder Buden auf der Straße oder den Nachtmärkten verkauft“, erzählt die 22-Jährige. „Nur die richtig berühmten Läden haben so eine Schlange davor.“

In den 70er Jahren wurde der Bubble Milk Tea in Taiwan erfunden, verbreitete sich in Süd- und Ostasien bis zuletzt in die USA und nach Kanada. Erst seit dem vergangenen Jahr wird der Perlen-Tee auch in speziellen Läden in Berlin angeboten. Die Kette BoboQ hat diesen Monat schon ihren fünften Laden in Berlin aufgemacht. Dazu kommen einzelne andere Läden, die das Getränk auch anbieten. Etwa das „Yobarca“ von Christian Raatz. „Richtig in Berlin angekommen ist das Getränk erst dieses Jahr“, sagt Raatz. Er verkauft neben Frozen Joghurt auch Bubble Milk Tea. Seine Frau kommt aus Peking – so kam das Ehepaar auf die Idee, in ihrem Laden auch den Tee zu verkaufen. „Außer den asiatischen Kunden kaufen bei uns vor allem Jugendliche“, erzählt Raatz, „die mögen vor allem die Popping Bobas.“ Das seien mit Saft in verschiedenen Geschmacksrichtungen gefüllte bunte Kugeln, die beim Draufbeißen im Mund zerplatzen. Ob sich das Getränk auch langfristig mit dem deutschen Gaumen verträgt, darüber ist sich Raatz noch nicht ganz sicher: „Bei Jugendlichen wechseln die Trends so schnell, wer weiß schon, was nächstes Jahr dran ist.“