MICHAEL JENTZSCH, PREISTRÄGER
: Der Blutsbruder

■ 35, Sport- und Englischlehrer, kam vor 20 Jahren nur mit einem Koffer aus Liberia zurück. 2007 erhielt er den Bremer Bürgerpreis.

Diese Geschichte könnte aus der Feder eines Schriftstellers stammen. Eines Schriftstellers mit Hollywood-Ambitionen, denn sie hat ein Happy-End. Sie beginnt 1984, als Familie Jentzsch vom badischen Sinsheim übersiedelt ins westafrikanische Liberia. Vater Jentzsch hat einen Arbeitsplatz bei einem christlichen Radiosender an der Küste des Landes angenommen. Der damals achtjährige Michael schließt bald Freundschaft mit Ben Kwato Zahn, einem Jungen aus den Nimba-Bergen.

Diese Freundschaft ist nun der Stoff, aus dem Jentzschs Geschichte gemacht ist. Doch um sie richtig zu erzählen, müssen die Blutsbrüder erst getrennt werden. Dafür sorgt der 1990 aufkommende Bürgerkrieg: Familie Jentzsch flieht zurück nach Deutschland, strandet in Norddeutschland: in Bremen. Ben bleibt zurück, verliert in den Unruhen seine Familie. Doch davon weiß der Freund in Deutschland nichts. Es werden 14 Jahre vergehen, bis die beiden sich wieder finden.

Jentzsch beginnt bei den Bremer Roosters Basketball zu spielen, studiert Sport und Englisch auf Lehramt. Heute ist er verbeamtet und zweifacher Vater.

Ben Kwato Zahn hat er nie vergessen: „Eines Nachts saß ich in meinem Wohnzimmer und hab mir ‚Tränen der Sehnsucht‘ angeschaut“, erinnert sich der Zwei-Meter-Mann – „da wurde mir klar: Ich muss ihn wiederfinden!“ Nach etlichen erfolglosen Versuchen setzt Jentzsch schließlich ein Kopfgeld aus und kann doch noch Kontakt zu Ben aufnehmen. Die beiden treffen sich einmal, mehrmals.

Unter dem Titel „Blutsbrüder“ haben Michael Jentzsch und Ben Kwato Zahn ihre Geschichte aufgeschrieben. Das Buch im Gepäck, reist Jentzsch seit zwei Jahren durch Deutschlandund hält Lesungen. Nach einem Fernsehauftritt bei Günther Jauch stand „Blutsbrüder“ in der Spiegel-Bestsellerliste.

Vergangene Woche bekam Michael Jentzsch in Monrovia den „Golden Image Award of Liberia 2011“ verliehen: für sein Engagement und seinen Beitrag zur Aufbesserung des liberischen Images. „Als Flüchtling habe ich Liberia verlassen“, sagt Jentzsch, als Ehrengast komme ich wieder!“ Ein Happy-End eben. LLE