Zusammen stark gegen Mobbing

MOBBING Nur mühsam können sich Opfer ohne fremde Unterstützung gegen Attacken wehren. Der Hamburger Verein „Klima“ hilft

„Die Schikanen sind ganz schwierig zu benennen, weil sie unterschwellig waren“

Dieter, ehemaliges Mobbing-Opfer

Dieter arbeitete als Hauswart. Ziemlich gut sogar, gehörte zu den besten der Immobiliengesellschaft. Innerhalb kürzester Zeit stieg er in einer internen Rangliste des Betriebs bis auf Platz zwei auf. Honoriert wurde diese Leistung nicht. Im Gegenteil. Sein Chef schikanierte ihn. Immer und immer wieder – meist wegen Kleinigkeiten, so lange, bis er antriebslos und krankgeschrieben zu Hause auf dem Sofa saß. Aus persönlichen Gründen möchte Dieter seinen Nachnamen nicht nennen.

Laut einer repräsentativen Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin von 2002 ist jeder neunte Arbeitnehmer im Laufe seines Berufslebens von Mobbing betroffen. Zehn Jahre liegt das bei Dieter zurück. Damals war er 52. Mittlerweile ist Dieter Rentner. Wenn er seine Geschichte erzählt, dann erzählt er sie nicht ohne Grund. Er möchte anderen Betroffenen helfen. Das macht er beim Anti-Mobbing-Verein „Klima“, zu deren Gesprächsrunden der ehemalige Hauswart auch nach zehn Jahren noch regelmäßig kommt – der Verein, in dessen Gesprächsrunden er „hineingekrabbelt“ ist und als „aufrechter Mann“ wieder verlassen hat, wie er seine erste Runde beschreibt. Name und Arbeitgeber muss dabei niemand preisgeben. Viele stellen sich mit Vornamen vor.

Klima ging einst aus den Anti-Mobbing-Aktivitäten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hervor – der Name steht für die Konflikt-Lösungs-Initiative und Mobbing-Anlaufstelle, mit ihrem Sitz in Hamburg, St. Pauli. Neben individuellen Beratungsangeboten lädt Klima wöchentlich zu Gesprächsrunden zum Thema Mobbing ein – so will der Verein neben betrieblichen Ansprechpartnern wie Betriebsräten oder Mobbing-Beauftragten eine weitere Stütze sein.

Viele dieser Runden leitet der Vorsitzende Alfred Fleissner, der auch Konfliktberater des UKE ist. So ordnet der Konfliktwissenschaftler die Fälle ein, zeigt typische Schemata auf, wenn die Teilnehmer der Runde von den Attacken erzählen: Missgunst, Neid, fehlende Führungskompetenz oder schlicht Missverständnisse können die Auslöser für Mobbing sein – oft gibt es Parallelen. Häufig ist es der Chef, der mobbt, meist auf subtile Art und Weise.

Wie bei Dieter. „Die Schikanen sind ganz schwierig zu benennen, weil sie unterschwellig waren“, sagt er, spricht dabei ganz ruhig und überlegt. Dass er einmal vom Chef laut angefahren wurde, habe ihn deutlich weniger getroffen als beispielsweise das bewusste Vorenthalten von Informationen.

Neben all dem psychischen Terror ist Mobbing auch teuer: Allein auf Arbeitgeberseite kostet jeder Fall laut Ver.di-Analyse die Unternehmen im Durchschnitt 25.000 Euro. Sobald gerichtlich gestritten wird, müssen über 90% der Mobbing-Opfer den Betrieb verlassen. Nicht jeder findet direkt im Anschluss eine neue Arbeitsstelle.

Dieter gehört zu den Glücklichen. Nachdem er die Hausverwaltungsgesellschaft verließ, hatte er gleich zwei Angebote – und die waren sogar besser als der Beruf am vorigen Arbeitsplatz. PHILIPP WEBER