Die Tote vom anderen Ufer

Studenten der HfK stellen sich der Herausforderung von Benjamin Brittens Oper „The Turn of the Screw“

Eine Frau im wallenden gelben Kleid hält zitternd ein Buch umklammert, verzweifelt singt sie, den Rücken einer lebendigen Toten zugewandt. Es ist die zweite Probe der sieben Sänger mit dem Orchester, Studierende der Hochschule für Künste (HfK) sind zu Gast am Leibnitzplatz – die Vorbereitungen für die Premiere von „The Turn of the Screw“ laufen auf Hochtouren.

Mit der Oper von Benjamin Britten aus dem Jahr 1954 haben die Künstler der HfK dieses Jahr eine große Herausforderung gewählt. Besonders spannungsvoll die Szene, in der die Gouvernante vor Angst zittert, als sie eine Tote am anderen Ufer des Sees sieht. Sie kann die Erscheinung nicht einordnen und versucht ihre Kinder davon fernzuhalten. Bis zum Ende bleibt offen, ob die Geschichte um Tote und Kindesmissbrauch in der Realität oder in der Phantasie der Gouvernante stattfindet.

Diese Oper sei der schwerste Stoff, den sich die HfK für ihre Studierenden je ausgesucht hat, meint Projektleiter und Regisseur Renato Grünig. Bühnenbild und Kostüme stammen von den Studiengängen Kunst, Design und Mode. „Jede Requisite haben wir eigens für die Produktion hergestellt und jede Raumwand von Hand bemalt“, berichtet Wiebke Strombeck, die als Bühnenbildnerin am Stück mitwirkt. An einer Stange als Drehpunkt hängen vier flexible Wände, die Aufführung findet in vier verschiedenen Räumen statt.

Ein besonders eindrucksvolles Bild geben die beiden „Kinder“ ab, gespielt von erwachsenen Studierenden. Eine professionelle Maskenbildnerin schminkt jedes „Kind“ vor der Aufführung eine Stunde lang, erzählt der Dekan Peter Schaefer. Mimik und Gestik lassen die Sängerinnen vollends kindlich erscheinen.

Erst seit Mittwoch proben das 14-köpfige Orchester und die sieben Sänger gemeinsam. Nina Böhlke studiert Gesang und spielt die Haushälterin Mrs. Grose. Die Musik sei so komplex, dass sie die Tutti-Probe als große Herausforderung empfindet, sagt sie.

Ausgewählt hat „The Turn of the Screw“ die Fachgruppe Gesang der HfK. Seit sechs Jahren führen Studierende der HfK jährlich eine Oper in Kooperation mit der Bremer Shakespeare Company auf. Die Shakespeare Company stelle den professionellen Raum für die Aufführung – das einzige Theater in Bremen, das eine so großzügige Zusammenarbeit ermögliche, sagt Grünig. Aber er wird als Schauspieler an das Lübecker Theater wechseln und die Leitung nächstes Jahr seinem Nachfolger überlassen. Wer das sein wird, steht noch nicht fest. AST

Generalprobe 6.7., Vorstellungen: 7. 7. und 10. 7. jeweils 19. 30 Uhr