Dänisches Überbrückungsgeld

Die Brücke über den Fehmarnbelt kann gebaut werden, haben gestern Deutschland und Dänemark beschlossen. Ein belastbares Finanzierungskonzept über rund 5,5 Milliarden Euro aber gibt es nicht

VON SVEN-MICHAEL VEIT

In gut zehn Jahren könnte eine Brücke über den Fehmarnbelt Deutschland und Dänemark miteinander verbinden. Diese Möglichkeit beinhaltet eine Absichtserklärung, die Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und sein dänischer Kollege Flemming Hansen (Konservative) gestern in Berlin unterzeichneten. Die wesentliche Frage aber ist noch immer offen: Wer soll das bezahlen?

Zwar ist Dänemark nun bereit, den 20 Kilometer langen Brückenschlag über die Ostsee weitgehend allein zu stemmen. Bis zuletzt hat sich die Bundesregierung, die dem Projekt „keine hohe Priorität“ einräumt, gesträubt, für die vierspurige Straßen- und zweigleisige Schienenverbindung Geld locker zu machen. Und daran hat sich gestern nichts geändert. Das Finanzierungskonzept ist auch nach 15-jähriger Debatte vage.

Die Brücke soll von privaten Investoren erbaut werden und mautpflichtig sein. Kopenhagen bürgt mit Staatsgarantien für die gut vier Milliarden Euro Baukosten und finanziert die Anschlussverbindung im eigenen Land mit weiteren 800 Millionen Euro. Hansen erklärte optimistisch, das Risiko sei gering. Die dänischen Steuerzahler müssten keine Krone dafür aufbringen.

Deutschland stellt für etwa 800 Millionen Euro die südliche Hinterlandanbindung sicher. Dies umfasst die Verlängerung der Autobahn A 1 durch eine vierspurige Bundesstraße bis zum Fährhafen Puttgarden sowie die Elektrifizierung der eingleisigen Bahnstrecke bis nach Lübeck. Diese soll bis 2025 zweigleisig werden. Engpass bleibt die 45 Jahre alte Fehmarnsund-Brücke zwischen dem Festland und der Ostseeinsel.

Die Absichtserklärung soll Grundlage für einen Staatsvertrag sein, der von den Parlamenten ratifiziert werden muss. Dann kann ein Zuschuss für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte bei der EU beantragt werden. Deutschland und Dänemark rechnen mit 30 Prozent der Kosten für die Brücke, gewöhnlich aber spendiert Brüssel höchstens zehn Prozent. Zudem werden weder Bund noch Deutsche Bahn zusätzliches Geld bereitstellen. Die Investitionen in Straßen und Schienen muss Schleswig-Holstein aus dem Etat nehmen, der ihm nach dem Bundesverkehrswegeplan bis 2015 bewilligt worden ist: Umschichten wäre die logische Folge.

Das ginge jahrelang zu Lasten aller anderen Verkehrsprojekte im Land, kritisiert der grüne Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Karl-Martin Hentschel. „Die Große Koalition in Kiel wirft Geld zum Fenster raus.“ Von einem „Irrsinnsprojekt“ sprechen gar die grünen Europaabgeordneten Angelika Beer und Michael Cramer. Die Brücke gefährde mehr als 2.000 Arbeitsplätze im Tourismus auf der Ferieninsel Fehmarn und bei der Reederei Scandlines, deren Fähren zwischen Puttgarden und Rødby über den Fehmarnbelt pendeln.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) ficht das nicht an. Er jubelte gestern über „den Durchbruch für das größte Infrastrukturprojekt Nordeuropas“.

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