Was steht im Kleingedruckten?

DURCHBLICK Von außergewöhnlich attraktiven Renditeversprechen sollten Anleger sich nicht blenden lassen. Aber auch wer das weiß, muss sich auf dem Markt und in der Vielzahl der Angebote erst einmal orientieren

■ Die Zeitschrift Öko-Test hat im Heft Mai 2014 grüne Geldanlagen untersucht und sie sieben Risikoklassen zugeordnet. Das Fazit der Tester: Viele Investments bergen ein hohes Risiko. Werden hohe Zinsen versprochen, sollten bei Anlegern die Alarmglocken schrillen. Denn auch bei grünen Geldanlagen gelte: Viel Geld lasse sich in aller Regel nur verdienen, wenn Anleger bereit seien, hohe Risiken einzugehen.

■ Kontinuierlich berichtet Ecoreporter.de: Die Redaktion erarbeitet Marktübersichten, stellt neue Anlagen vor, bewertet sie und spricht Warnungen vor einzelnen Investments aus. Die Website bietet viele gute Informationen. Das volle Programm gibt es jedoch nur für Leser, die ein Jahresabonnement zum Preis von 94,80 Euro abschließen.

■ Hilfreich sind die vom Forum für Nachhaltige Geldanlage (FNG) erstellten Nachhaltigkeitsprofile für Fonds. Die frei zugängliche Datenbank informiert über einzelne nachhaltige Fonds und erlaubt Vergleiche zwischen verschiedenen Fonds nach auswählbaren Kriterien. Das Instrument liefert Basisinformationen, gibt aber keine Empfehlungen und ersetzt nicht die eigenständige Bewertung. Die Webadresse: forum-ng.org/de/fng-nachhaltigkeitsprofil/projekt.html. (tro)

VON TILMAN VON ROHDEN

Falsche Entscheidungen bei der Geldanlage können richtig wehtun. Tausende Anleger, die ihr Kapital nutzten, um über das Unternehmen Prokon in regenerative Energie zu investieren, finden sich derzeit im Klagelied zusammen, weil die Firma pleite ist und die Kleinanleger ihr Geld zum größten Teil verloren haben. Warnungen vor Prokon gab es frühzeitig in den Medien, doch wussten dies viele Anleger offenbar nicht, oder sie ließen sich von den außergewöhnlich attraktiven Renditeversprechen blenden.

Ingo Scheulen, Vorsitzender des Finanzberaternetzwerks Ökofinanz-21, vergleicht Kleinanleger mit Patienten: Wenn diese den Beipackzettel eines Medikaments lesen, würden sie das meiste nicht verstehen. „So geht es auch den grünen Anlegern, sofern sie sich die Zeit für das Lesen der verfügbaren Informationen nehmen. Dies allein steigert jedoch kaum ihre Entscheidungskompetenz“, so Scheulen. Für Barbara Sternberger-Frey, Mitarbeiterin bei der Zeitschrift Öko-Test, ist die Verunsicherung des Kleinanlegers ein generelles Phänomen. „Ratlosigkeit herrscht nicht nur bei nachhaltig orientierten Anlegern.“ Zum Teil trage der Gesetzgeber dafür die Verantwortung. Er zwinge die Anbieter von Geldanlageprodukten nicht deutlich genug, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Manche Werbeaussagen „bewegen sich hart an der Grenze zur Täuschung“, sagt Sternberger-Frey. So würden geschickt formulierte Werbung und verschleiernde Begriffe häufig bis zur Unkenntlichkeit entstellen, dass mit einem finanziellen Engagement je nach Anlageprodukt die Gefahr eines Totalverlustes drohe. „Dies gilt insbesondere dann, wenn die Geldanlage mit einer unternehmerischen Beteiligung am Risiko verbunden ist“, so Sternberger-Frey.

Unverständliche Produktinformationen und das begrenzte Engagement des Anlegers bei der Informationsbeschaffung sind die eine Seite der Medaille. Die andere bilden die Banken und Berater, die nicht kompetent genug sind, um über ökologische Geldanlagen anständig zu beraten. „Konventionelle Banken reagieren oft hilflos, wenn Anleger in den Ökobereich investieren wollen, oder sie stufen die Risikoneigung der Kunden einfach höher ein, weil sie nur dafür entsprechende Produkte im Angebot haben“, sagt Sternberger-Frey. Sie empfiehlt, dass grüne Anleger spezialisierte Banken und Berater aufsuchen sollten, um sich beraten zu lassen.

In den letzten Jahren wurde einiges unternommen, um die Interessen von Kleinanlegern zu stärken. So sind Banken und Finanzberater jetzt verpflichtet, im Vorfeld eines Kaufs eine zwei- bis dreiseitige Produktinformation auszuhändigen, die in gebündelter und vorgeschriebener Weise alle notwendigen Informationen bereitstellen muss. „Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Anleger tun gut daran, die Blätter nicht nur aufmerksam zu lesen, sondern sich auch kompetenten Rat einzuholen“, sagt Scheulen.

„Man kann sich informieren, beraten lassen und die Risiken sorgfältig abwägen: Am Ende kommt es immer auf den Einzelnen an. Er muss entscheiden, welche Anlageprodukte für ihn geeignet sind“

SANDRA KLUG, VERBRAUCHERZENTRALE HAMBURG

Trotz aller notwendigen Informationen: „Am Ende kommt es immer auf den Einzelnen an. Er muss entscheiden, welche Anlageprodukte für ihn geeignet sind“, sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg, die sich auf die Beratung von nachhaltig orientierten Geldanlegern konzentriert. Auch sie bemängelt, dass die Anleger das sogenannte Kleingedruckte nur ungenügend zur Kenntnis nehmen. Wichtig sei eine Anlagenstreuung, um etwaige Verluste zu begrenzen. Eine besondere Schwierigkeit für grüne Anleger sei, dass politische Rahmenbedingungen ein hohes Maß an Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der Anbieter ausüben könnten. „Wenn die Politik beispielsweise die Einspeisevergütung für regenerative Energie senkt, beeinflusst das die Wirtschaftlichkeit der Geldanlage.“

Zurzeit arbeitet die Bundesregierung an einem neuen Gesetz zum Schutz von Kleinanlegern. So soll insbesondere der Graumarkt stärker reguliert werden. In diesem Segment tummeln sich etwa geschlossene Fonds und andere Papiere, die ein hohes Risiko aufweisen und kaum weiterverkauft werden können. Die Aktivitäten des Gesetzgebers beurteilt Sternberger-Frey kritisch. Er habe in der Vergangenheit „nur ungenügende Mindeststandards“ vorgegeben. Anderes fehle ganz, etwa bestehe für Direktinvestitionen immer noch die Pflicht gebe, einen Prospekt zu veröffentlichen. Deshalb befürchtet Sternberger-Frey, dass auch das kommende Gesetz letztlich dazu beiträgt, den Graumarkt weißzuwaschen.

Eine andere wesentliche Initiative geht vom Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) aus. Der Dachverband entwickelt ein Qualitätssiegel mit Mindestkriterien für nachhaltige Fonds und will die Arbeiten im kommenden Jahr abschließen. Scheulen glaubt an den Erfolg des Projekts, denn das FNG sei stark genug, das Siegel am Markt durchzusetzen. Sternberger-Frey meint, dass ein Qualitätssiegel drei Dinge leisten müsse: die Chancen und Risiken des Produkts offenlegen, die Wirtschaftlichkeit und insbesondere die Kosten prüfen sowie die Nachhaltigkeit. „Der Anleger muss in jeder Hinsicht die Gewissheit haben, dass er keine Mogelpackung erhält“, sagt Sternberger-Frey. Doch am Ende entscheidet immer der Markt. Auch ein Fonds, dem das Siegel ein Triple A gibt, kann dem Anleger eine Katastrophe bescheren.