Wenn vertraute Gegenstände ein Eigenleben entwickeln

BÜHNE Mit seinem Festival „Fast Forward“ stellt das Staatstheater Braunschweig Ende November den europäischen Regie-Nachwuchs vor. Die Auswahl der Teilnehmer lag allein bei der Kuratorin Barbara Engelhardt. Die vielfältigen Arbeiten sind ein Seismograf für die Stimmung der jungen Generation in Europa

Mit „Fast Forward“ geht das Braunschweiger Festival für den europäischen Regienachwuchs vom 27. bis 30. November in die vierte Ausgabe. Es handelt ich um ein Einladungsfestival, an dessen Ende eine herausragende Regiearbeit ausgezeichnet wird.

Axel Preuß, Chefdramaturg am Braunschweiger Staatstheater und Jurymitglied, freut am meisten, dass die Preisträgerinnen vergangener Ausgaben mittlerweile alle im „internationalen Theaterkontext“ arbeiten und auch von sehr viel größeren deutschen Festivals eingeladen werden wie den Berliner „Foreign Affairs“.

So etwas ist wichtig für eine Festival-Neugründung abseits der Metropolen und freut auch den Braunschweiger Intendanten Joachim Klement. „Fast Forward hat sich als wichtige Plattform für junge Regie in Europa etabliert“, sagt er. Aber was heißt junge Regie im Jahr 2014?

Ausgewählt hat die Produktionen wieder im Alleingang die Kuratorin Barbara Engelhardt, die als Autorin, Dramaturgin und Kuratorin in Frankreich lebt und „über eine unglaubliche internationale Erfahrung im Bereich Theater und Performance verfügt“, wie Preuß sagt. Ihr persönlicher Blick auf den europäischen Theaternachwuchs erschließe den ZuschauerInnen einen „wirklich vielfältigen Erfahrungsraum“, über den sich dann auch in der Festivaljury leidenschaftlich streiten lasse.

Ob eine mehrköpfige Auswahl-Jury über einen noch größeren Überblick verfügen würde, ist eine Frage, die sich auch dieses Jahr wieder stellt, ohne an Engelhardts großer Kompetenz zu zweifeln. Eine breiter aufgestellte Festival-Leitung könnte das Renommee und die Vernetzung sicherlich noch steigern.

Das Festivalprogramm ist dennoch vielversprechend. Gespielt werden sieben Inszenierungen von elf jungen RegisseurInnen aus sieben europäischen Ländern. Als Eröffnungsstück zeigt das Festival die französische Produktion „Champs d’Appel“ des Regisseurs François Lanel, in der vertraute Gegenstände und Gegebenheiten ein Eigenleben entwickeln. Objekte und Bilder sollen in der Inszenierung ihre eigenen Geschichten erzählen und die Bühne des kleinen Hauses in einen endlosen, visuellen Kosmos verwandeln.

Einen politischen Beitrag liefert die ungarische Produktion „Baal“ von Bertolt Brecht. Der Abend soll einen bewunderten Dichter zeigen, für den es weder Moral noch Freundschaft gibt. Baal, der das Leben feiern will, stirbt schließlich elend und einsam. Ein Abend des jungen Regisseurs Dániel D. Kovács, der wie alle eingeladenen Produktionen nahelegt, ihn im Kontext der Situation in seinem Heimatland zu sehen. Denn auch das war „Fast Forward“ in den letzten Ausgaben eigentlich jedes Mal – ein Seismograf für die Stimmungen der jungen Generation in ganz Europa.  ALEXANDER KOHLMANN

■ Do, 27. 11., bis So, 30. 11., Staatstheater Braunschweig, staatstheater-braunschweig.de