dietrich gerstner, castorgegner
: Der Quersitzer
Seit gestern sitzt Dietrich Gerstner seinen Protest gegen die Atomenergie im Knast aus. Zwischen dem 8. und 9. November 2004 hatte er mit mehreren hundert Demonstranten der Kampagne „X-tausendmal quer“ die Straßen im Wendlander Langendorf blockiert. Zwölf Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll auf dem Weg ins Zwischenlager Gorleben sollten dabei aufgehalten werden.
„Ich arbeite gegen das Mitmachen“, sagt der Konflikttrainer und Theologe. „Wir können unseren Kindern später nicht sagen, dass wir um die Gefahr der Atomkraft nicht gewusst haben.“
Eine Gesellschaft der Atomkraftwerke müsse von unten her verändert werden, sagt Gerstner. „Atomkraft ist teuer, friedensgefährdend und keine Lösung der Klimaprobleme, ein unkontrollierbares Sicherheitsrisiko.“
Die Polizei sah das anders und zeigte die Atomkraftgegner wegen der „Teilnahme an einer verbotenen Versammlung“ an. Als der Bußgeldbescheid in Höhe von 51 Euro kam, legte der 42-Jährige Widerspruch ein. Anderthalb Jahre später kam es zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Lüneburg. Die Richterin fand seine Verteidigung zwar „moralisch nachvollziehbar“.
Doch Gesetz ist Gesetz: Das Ergebnis der Verhandlung war schließlich die Erhöhung des Bußgeldes plus Gerichtskosten von etwa 200 Euro. Das Geld soll jetzt mit der dreitägigen Haft bis 30. Juni erzwungen werden. Dietrich Gerstner wird allerdings nicht zahlen. Er trägt den Konflikt aus: Im Kampf gegen „ein verfilztes, verrottetes System“, wie er Dorothy Day zitiert, geht er sogar ins Gefängnis. Dorothy Day war in den 1930er Jahren die Begründerin der amerikanischen Sozialbewegung „Catholic Worker“.
Diese christlich anarchische Bewegung hat durchaus ideelle Parallelen zu der Gemeinschaft „Brot und Rosen“ in Hamburg, in der Dietrich Gerstner als Vorstand mit seiner Familie lebt. Migrationsfragen sind das eigentliche Hauptthema der Lebensgemeinschaft, jetzt unterstützt sie Gerstner in seiner Konsequenz. Auch seine drei Kinder erwarten seine Rückkehr aus der Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis. KATRIN BONNY
