Ausgebrannt und obdachlos

Drei Wochen nach dem Feuer in der Rigaer 84 gibt es für die BewohnerInnen immer noch kein Ausweichquartier

Drei Wochen ist es inzwischen her, dass der Dachstuhl des Wohnprojekts Rigaer Straße 84 ausbrannte. Eine feste Bleibe haben die BewohnerInnen immer noch nicht. Die Verwaltung des 1990 besetzten und 1991 durch Mietverträge legalisierten Hauses in Friedrichshain setzte sie einen Tag nach dem Feuer faktisch vor die Tür und kündigte eine Komplettsanierung an.

„Das Haus ist baupolizeilich gesperrt und bis zum Dach eingerüstet“, sagt Michael K., der hier drei Jahre gewohnt hat. Ende voriger Woche kamen Gerüchte auf, die BewohnerInnen verhandelten mit dem Bezirksamt und dem Liegenschaftsfonds über zwei mögliche Ersatzobjekte. Das eine ist die Rigaer Straße 78, auch ein ehemals besetztes Haus, das andere eine leer stehende Kita in Kreuzberg. Was die Kita betrifft, winkt die parteilose Baustadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Jutta Kalepky, ab: „Das Gebäude ist in Bearbeitung für zwei andere potenzielle NutzerInnen.“ Es werde noch geprüft, welche Liegenschaften überhaupt für eine Zwischennutzung in Frage kämen. Problematisch sei, dass es in Friedrichshain und Kreuzberg wenig Leerstand gäbe. Man sei aber sehr an einer schnellen Lösung interessiert, so Kalepky.

Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) weiß dagegen von konkreten Verhandlungen über die Rigaer Straße 78. Das Haus sei von der WBM an die Jewish Claims Conference restituiert und dann an einen privaten Besitzer verkauft worden. Dieser wolle jetzt aber vom Kaufvertrag zurücktreten. Sobald das geklärt sei, könne man konkret über die Zwischennutzung diskutieren.

Die BewohnerInnen der Rigaer 84 sehen das anders: „Eigentlich ist nichts klar“, sagt Michael K. Viele hätten das Gefühl, „in den Untiefen der Zuständigkeiten“ zu versinken. Das Problem mit der Rigaer 78 seien nicht nur die unklaren Eigentumsverhältnisse, sondern auch der bauliche Zustand. Laut K. sitzt Schwamm in den Wänden, der Keller soll unter Wasser stehen. Einer der beiden Seitenflügel sei nicht bewohnbar, weil die Fenster fehlen. „Man muss sich deshalb auch nach anderen Lösungen umgucken“, sagt K., der seit dem Brand im Auto wohnt. Die Lage der BewohnerInnen sei katastrophal. Zwar seien viele in befreundeten Projekten untergekommen, müssten aber ständig umziehen. „So langsam breitet sich durch die Obdachlosigkeit Frust aus.“ Man habe jetzt prominente Politiker angesprochen, die auch Hilfe zugesagt hätten.

Ein Brandkommissariat hat derweil laut Medienberichten ermittelt, dass es sich um Brandstiftung handelte. Hinweise auf die Täterschaft gebe es noch nicht. Schon 1997 brannte das Dach. Auch damals war die Ursache Brandstiftung, Täter wurden nie gefunden. Dem Brand war ein Konflikt zwischen BewohnerInnen und Hausverwaltung um eine Sanierung vorausgegangen.

Die BewohnerInnen befürchteten auch damals höhere Mieten und die Zerstörung der kollektiven Wohnstruktur durch die Sanierung. „Aktuell liegt noch keine Modernisierungsankündigung vor“, sagt K. Die Verwaltung habe aber schon eine Bauzeit von ein bis zwei Jahren angekündigt und schließe wegen der schweren Schäden auch einen Abriss nicht aus. JÖRG MEYER