„Land gibt Instrument aus der Hand“

Der Ökonom Jörg Huffschmid warnt trotz der Skandale in der Vergangenheit vor einem Verkauf der WestLB

JÖRG HUFFSCHMID (Jahrgang 1940) ist emeritierter Professor für Politische Ökonomie und Wirtschaftspolitik an der Universität Bremen.

taz: Herr Huffschmid, die WestLB soll mit der Landesbank Baden-Württemberg fusionieren. Überrascht Sie das?

Jörg Huffschmid: Die Fusionierungswelle hat Europa bereits vor drei Jahren erreicht. Dabei handelte es sich aber vor allem um Privatbanken. Die Manager in den Geschäftsetagen der WestLB denken vermutlich, sie müssten da mithalten. Die Banken wären dann allerdings weiter in öffentlicher Hand.

Eine Privatisierung wäre dadurch auszuschließen?

Leider nicht, zumindest mittelfristig nicht.

Wieso leider?

Das Land gibt damit ein wichtiges Instrument zur politisch legitimierten Strukturentwicklung aus der Hand – obwohl der Staat in den vergangenen Jahren sein Engagement spürbar vernachlässigt hat. Dennoch: bisherige Erfahrungen zeigen, dass es außerordentlich schwierig ist, durch politische Kontrolle dafür zu sorgen, dass private Unternehmen Standards des öffentlichen Interesses einhalten.

Die FDP im Düsseldorfer Landtag will die WestLB lieber an einen privaten Investor verkaufen

Den Neoliberalen sind staatliche Unternehmen noch nie geheuer gewesen. Für sie ist die WestLB ein Fremdkörper im System, der potenzielle Investoren abhält. Der Markt soll alles richten. Im Endeffekt führt es dazu, dass die großen Konzerne den Markt bestimmen und somit auch die Politik regeln. Diejenigen, die nicht genügend Geld haben, werden von wesentlichen öffentlichen Gütern ausgeschlossen.

Ist ein Ende der Privatisierungswelle in Sicht?

Banken sind immer im Fokus internationaler Investoren, andererseits treten Banken auch immer häufiger als Käufer von öffentlichen Unternehmen auf. Kommunale Immobilienunternehmen sind reihenweise privatisiert worden.

Hat die WestLB mit Ihrer undurchsichtigen Politik in der Vergangenheit nicht dazu beigetragen, dass das Vertrauen in das Unternehmen schwindet?

Die WestLB hat sich in der Vergangenheit des öfteren drastisch verspekuliert. Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass private Investoren vorsichtiger mit dem Geld umgehen. Für das Verhalten privater Unternehmen ist nicht das öffentliche Interesse – sei es noch so gering – sondern ausschließlich der einzelwirtschaftliche Gewinn entscheidend.

INTERVIEW: HOLGER PAULER