Erntehelfer fehlen – Erdbeeren vergammeln

Osteuropäische Erntehelfer verdienen in anderen EU-Staaten besser. Bauern mit deutschen Helfern unzufrieden

Manche norddeutschen Erdbeeren sind längst reif, doch sie vergammeln auf den Feldern. Bei den Erdbeeren setzt sich ein Problem der beinahe beendeten Spargelsaison fort: Es fehlen Erntehelfer, die den Knochenjob übernehmen, die Früchte von Hand zu pflücken. „Uns fehlen bis zu zwanzig Prozent der Erntehelfer, die wir bräuchten“, sagte gestern ein Vertreter des Erzeugergroßmarkts Langförden-Oldenburg (ELO), des größten deutschen Erdbeervermarkters. Dies könne nur zum Teil durch Mehrarbeit ausgeglichen werden.

Traditionell kommen viele Arbeitskräfte aus Osteuropa, unter ihnen besonders viele Polen, zur Erntesaison nach Deutschland. Immer mehr arbeiten aber lieber in anderen EU-Staaten wie Großbritannien oder den skandinavischen Ländern: Dort verdienen sie besser und dürfen länger als die in Deutschland maximal erlaubten vier Monate arbeiten.

Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) forderte deshalb Anfang Juni, diese Frist auf neun Monate zu verlängern und lässt momentan eine entsprechende Bundesratsinitiative prüfen. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) fühlt sich hingegen vor allem den deutschen Arbeitslosen verpflichtet und möchte ihnen Jobs auf den Feldern verschaffen. Deshalb gibt es die so genannte Eckpunkteregelung: Die in einem Betrieb beschäftigten ausländischen Saisonkräfte dürfen im Regelfall 90 Prozent der Anzahl des Jahres 2005 nicht überschreiten, damit Deutsche eingestellt werden.

Aber viele Landwirte klagen über ihre deutschen Helfer: „Schlechte Arbeit, zumindest im Schnitt“, attestiert ihnen zum Beispiel Karsten Freyer vom Spargel- und Erdbeerhof Thiermann, Deutschlands größtem Spargelbauer. „Gerade Landwirte, die sich so äußern, haben von vornherein nicht einen Deutschen eingestellt“, sagt hingegen Michael Köster, Sprecher der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit. Aber auch Köster sieht ein: Nicht jeder deutsche Arbeitslose lässt sich motivieren, für einen Stundenlohn von 5,42 Euro Erdbeeren zu pflücken oder Spargel zu stechen. KC