Punkrocker sind doch nicht zu brutal

PROZESS Die Band Krachakne wird vom Verfassungsschutz als linksextreme „Hassband“ eingestuft. Ein Verfahren gegen sie wird nun eingestellt. Dafür bleibt ein Jugendclub im Visier der Sicherheitsleute

BERLIN taz | Es war eine Premiere. Eine linke Punkband vor einem Brandenburger Gericht. Der Vorwurf: öffentlicher Aufruf zu Körperverletzungen. Der Verfassungsschutz sprach von „linken Hassmusikern“, zum Prozessauftakt im Februar standen vier verschüchterte 18- bis 22-Jährige vor Gericht. Am Montag wurde das Verfahren gegen die Band Krachakne ohne Verurteilung eingestellt.

Die Dauer des Verfahrens und der Prozess habe „erzieherisch ausreichend“ auf die Angeklagten eingewirkt, heißt es im Beschluss des Neuruppiner Amtsgerichts. „Ich seh das als Freispruch“, freute sich Sänger Wulf. „Uns war von Anfang an klar, dass das ein Eigentor wird.“

Die Anklage beruhte auf dem Krachakne-Lied „Schieß doch, Bulle“. Darin heißt es: „Die Polizei, dein Freund und Helfer / knall sie ab und hilf dir selber.“ Die Verteidiger der inzwischen aufgelösten Band hatten sich auf die Kunstfreiheit berufen, zu der auch stilistisch überzogene Gesellschaftskritik gehöre.

Der Brandenburger Verfassungsschutz zählt Krachakne – eine nur in ihrer Heimatstadt Neuruppin bekannte Band – zu einer von sechs „linken Hassbands“ im Land. Mit Konsequenzen auch für andere: Der alternative örtliche Jugendclub „Mittendrin“ wird im aktuellen Verfassungsschutzbericht aufgezählt unter dem Punkt „linksextremistische Aktivitäten“, weil dort Krachakne aufgetreten war. „Mittendrin“-Mitarbeiter Oliver Leonhardt begrüßte das Ende des Verfahrens. „Das war von Anfang an konstruiert, um Stimmung gegen Linke zu machen.“ Gleiches gelte für die Beschuldigungen gegen den Jugendclub. Das „Mittendrin“ reichte im Juni Klage gegen den Verfassungsschutz ein. „Diese Schmutzkampagne untergräbt unsere Arbeit“, so Leonhardt. Er glaubt, dass mit der Krachakne-Entscheidung auch die Vorwürfe gegen das „Mittendrin“ „implodieren“. Ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums betonte, dass man die Musik weiter für „sehr problematisch“ halte. Zudem dürfe der Verfassungsschutz unabhängig von strafrechtlichen Entscheidungen auf Extremismus hinweisen. KONRAD LITSCHKO