Neue Klima-Lobby

Über 20 Gruppen aus NRW gründen Allianz, um bei der Landesregierung Druck für ein eigenes Klimaschutzprogramm zu machen. Die lehnt Kernforderungen der Initiative jedoch ab

VON MORITZ SCHRÖDER

Zum Thema Klimaschutz ist eigentlich alles gesagt, aber zu wenig getan. Deshalb wollen sich in NRW über 20 Nichtregierungsorganisationen zu einer Klima-Allianz zusammenschließen, die gestern vorgestellt wurde. Das Bündnis will die Landesregierung dazu bringen, ein umfassendes Klimaschutzkonzept aufzulegen – möglichst schnell und mit klaren Zielmarken. Zur Allianz gehören außer profilierten Umweltschutzgruppen wie dem Naturschutzbund (Nabu) und dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) auch die Verbraucherzentrale und zahlreiche kirchliche Gruppen im Land. „Es geht uns nicht um eine Klima-Apo. Wir wollen der Landesregierung die Hand reichen“, sagte Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.

Damit entsteht in NRW die erste Klima-Allianz in einem deutschen Bundesland. Seit April gibt es bereits ein bundesweites Bündnis mit fast 60 Mitgliedern – vor allem Umwelt-, Entwicklungs- und kirchlichen Verbänden. Deren Forderungskatalog hat auch die NRW-Initiative übernommen, womit sie sich im Landeskabinett sicher keine Freunde machen wird: Er enthält auch einen Baustopp für neue Kohlekraftwerke – im deutschen Kraftswerksland Nummer Eins kaum durchsetzbar. Hier werden zurzeit elf Kraftwerke gebaut oder geplant, wird die kürzliche Absage von Rhein Energie für ein neues Kölner Kohlekraftwerk einberechnet. Doch Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Nabu in NRW, bleibt dabei: „Das Moratorium ist ein Hauptziel für NRW. Bis wir ein umfassendes Handlungskonzept haben, sollten wir uns nicht über Jahrzehnte an neue Kohlekraftwerke binden.“ Er fordert auch eine Klimafolgenstrategie, die etwa klären müsse, welche Bäume heute gepflanzt werden müssen, damit sie in 50 Jahren bei gestiegenen Temperaturen noch gedeihen.

Konkreter will Tumbrinck allerdings nicht werden. „Wir sagen nicht, das oder das muss passieren. Die Landesregierung muss die Vorlage machen und alle Maßnahmen zum Klimaschutz in einem Gesamtkonzept zusammenbinden“, fordert der Nabu-Chef. In diesem Prozess wolle die Allianz das Land beraten und zu den Ideen Stellung nehmen. Anfang nächsten Jahres rechnen die InitiatorInnen mit dem Klimaschutzbündel des Landes.

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und die zuständigen MinisterInnen wurden bereits um einen Gesprächstermin gebeten, bislang ohne Antwort. Doch selbst wenn sie mit der Allianz sprechen, werden dabei kaum schnelle Ergebnisse herauskommen. Die für Klimaschutz zuständige Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) hat im Gespräch mit der taz Ende Mai gesagt, dass sie eigene Sparziele beim Kohlendioxidausstoß im Land, eine Forderung des Klimabündnisses, ablehnt: „Je kleinräumiger solche Bilanzen sind, desto unsinniger sind sie.“ Zudem rühmt sie sich bereits heute mit ihren Klimaschutzmaßnahmen, etwa der Energieeffizienz-Offensive, für die sie gestern offiziell den Startschuss gab – auf dem Gelände des RWE-Braunkohle-Kraftwerks in Neurath.