Euro macchiato*

GELD In der Eurozone wächst die Angst vor einer Ausweitung der Schuldenkrise auf Italien. In Mailand bricht die Börse ein, in Brüssel treffen sich die Euro-Lenker zum Gipfel, doch von Krise mag keiner reden *macchiato (italienisch): befleckt

ROM taz | Die Eurokrise hat Italien erreicht: Am zweiten Börsentag in Folge mussten vor allem die Aktien der Banken deutliche Verluste hinnehmen. Zugleich öffnete sich die Schere zwischen in Italien und in Deutschland fälligen Zinsen auf Staatsschuldtitel gleichsam im Stundenrhythmus immer weiter. Eigentlich sollte am Montag die Beratung über ein Sparprogramm im römischen Parlament die Märkte beruhigen und Italien damit dem „Griechenland-Risiko“ entziehen. Doch das Gegenteil trat ein.

Der Risikoaufschlag italienischer Staatsschuldverschreibungen mit zehnjähriger Laufzeit näherte sich am Montagnachmittag der Marke von 3 Prozent gegenüber vergleichbaren deutschen Anleihen; dies ist absoluter Rekord. Die Märkte, so scheint es, glauben nicht an die Solidität des Sparprogramms, und sie glauben ebenso wenig an die Solidität der Regierung Berlusconi. Finanzminister Giulio Tremonti galt bisher als Säule der Stabilität im Kabinett. Doch ausgerechnet um ihn ranken sich mittlerweile Rücktrittsgerüchte. Zugleich hat das Sparpaket bei näherem Hinsehen große Schwachpunkte: Die wirklichen Einsparungen finden erst im Jahr 2014 statt.

Wie gewohnt wiegeln EU und nationale Regierungen ab. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mochte sich am Montag überhaupt nicht vorstellen, dass Italien ein „zweites Griechenland“ werden könnte; schließlich sei der Haushaltsentwurf „sehr überzeugend“. Deshalb, meint Schäuble, sei auch die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms überflüssig. Das Treffen der EU-Finanzminister am Montag in Brüssel wurde folgerichtig zur Routineveranstaltung heruntergeredet. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, Italiens Probleme seien dort seines Wissens kein Thema.

Der Zweckoptimismus ist verständlich. Geriete Italien in den Sog der Schuldenkrise, dann wären Deutschland und die anderen EU-Staaten in ganz anderer Weise betroffen als von den bisherigen Krisen. Allein deutsche Banken halten derzeit italienische Staatsanleihen im Wert von 116 Milliarden Euro.

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