Schlampig mit den Chancen

BLÖDE FEHLER Nach einem ungefährdeten 3:1 gegen weitgehend harmlose Australierinnen steht Schweden im Halbfinale – und außerdem fest, dass die deutsche Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2012 fehlen wird

Schwedens Coach Thomas Dennerby wandte sich – nach einigen höflichen Floskeln über Australien – schon dem kommenden Halbfinalspiel gegen Japan zu

AUS AUGSBURG CHRISTOPH RUF

Zwei Tage vor dem Spiel hatte sich Schwedens Angreiferin Lotta Schelin Deutschland als Gegner gewünscht („haben keine Angst“). Damit hatte sie ähnliche Präferenzen wie sie die allermeisten Zeitzeugen des Viertelfinalspiels zwischen Schweden und Australien am Sonntag zu erkennen gaben. Von denen hatten sich Tausende im DFB-Trikot in Richtung Augsburger Stadtrand aufgemacht – trotz des Ausscheidens der deutschen Elf am Abend zuvor.

Nach dem Abpfiff dürften die allermeisten von ihnen den Ort des Geschehens mit besserer Laune verlassen haben. Sie hatten ein 3:1-Sieg für Schweden und vor allem ein ereignisreiches Spiel gesehen. Und eines mit einer Lotta Schelin, die den Titel als „player of the match“ absolut verdient hatte und sich artig beim Publikum bedankte: „Ich hätte gedacht, dass das Publikum noch mehr aufseiten der Australier steht, schließlich wollten sie sicher, dass ihr Land die Olympia-Qualifikation schafft.“

Der 3:1-Sieg gegen Australien beförderte nämlich nicht nur die Schwedinnen ins Halbfinale am Mittwoch gegen Japan, sondern hat auch noch einen Kollateralschaden zur Folge: Weil unter den letzten Vier ist neben England als Gastgeber und Frankreich nun auch Schweden als drittes europäisches Land für Olympia in London qualifiziert, die Deutschen aber müssen im Sommer 2012 zusehen.

Australiens Coach Tom Sermanni verschwendete noch keinen Gedanken an London, er war, obwohl ausgeschieden, noch im Hier und Jetzt: „Ich glaube, Schweden hat jetzt richtig gute Chancen, ins Finale zu kommen, zumal Japan gegen Deutschland 120 Minuten gespielt hat. Und dann haben sie mit Lotta natürlich eine richtig gute Stürmerin.“

Besagte „Lotta“, Familienname Schelin, hatte tatsächlich von Beginn an gezeigt, dass sie als Mitglied des Champions-League-Siegerteams von Olympique Lyon mancher Konkurrentin auf dem Platz einiges an Spielpraxis und Talent voraushat. Die „vielen vermeidbaren Fehler, die sich im ganzen Turnier durch unser Spiel gezogen haben“ (Sermanni), gaben ihr und ihren Kolleginnen allerhand Profilierungsmöglichkeiten. Beim 1:0 durch Therese Sjögram (11.), vor allem aber beim 2:0 (16.) verzichtete die australische Defensive fast völlig auf eine Beteiligung am Spiel. Lisa Dahlkvist kam beim zweiten Treffer völlig unbedrängt zum Kopfball – im Fünfmeterraum.

Da die Schwedinnen in der Folgezeit allerdings ein wenig schlampig mit ihren Chancen umgingen, wurde es nach der gelungensten Aktion der Außenseiterinnen doch noch mal spannend: Nach einem schönen Distanzschuss von Ellyse Perry (40.) stand es plötzlich nur noch 1:2. „Aber dann“, seufzte Australiens Coach, „haben wir wieder so einen blöden Fehler gemacht.“ Er meinte den suizidalen Rückpass von Kim Carroll, den sich Schelin blitzschnell erlief und zum 3:1-Endstand (52.) nutzte.

Danach blieb das Spiel unterhaltsam, weil beide Teams weiter auf einen Torerfolg drängten. Am Ende siegte das technisch bessere, deutlich ballsichere Team aus Schweden, dessen Coach Thomas Dennerby sich nach einigen höflichen Floskeln über den Gegner schon dem Halbfinalspiel am kommenden Mittwoch in Frankfurt zuwandte: „Jetzt müssen wir die Japanerinnen schlagen, das ist uns beim Algarve-Cup im vergangenen Jahr leider nicht gelungen.“

Und dann geriet der Mann tatsächlich ein wenig ins Schwärmen: „Die Japanerinnen sind technisch sehr versiert, haben viele schnelle Spielerinnen. Wenn ich an deren Spiel denke, glaube ich, dass sie viel Ballbesitz haben werden. Dementsprechend gut müssen wir in der Defensive agieren.“